Fachartikel
Antriebssysteme
900 Beutel pro Minute
Die Liste der Produkte, die mithilfe der Maschinen der Firma Merz verpackt und abgefüllt werden, ist lang. Die für die Verpackungsmaschinen benötigten Antriebslösungen werden seit rund zwei Jahrzehnten gemeinsam mit KEB Automation realisiert.
Die Waren werden vor Beschädigungen geschützt, lange frisch gehalten und vor Verunreinigungen bewahrt. Die zum Verpacken und Abfüllen benötigten Maschinen fertigt Merz Verpackungsmaschinen aus dem hessischen Lich. Für das Entwerfen, Entwickeln, Herstellen und Vertreiben von Verpackungsmaschinen und Sondermaschinen/-konstruktionen für Stickpacks sowie 3-/4-Seiten-Siegelrandbeutel sind mittlerweile 90 Mitarbeitende verantwortlich. 1971 als Konstruktionsbüro gegründet, beliefert Merz heute Branchen, die so vielfältig sind, wie das Maschinenportfolio selbst: Kunden aus der Pharma-, Kosmetik-, Chemie-, Tabak- oder der Lebensmittelindustrie setzen auf die Maschinen.
Schon seit langem hat sich die Zusammenarbeit mit KEB Automation bewährt. So finden sich in vielen Maschinen ganze Systeme von KEB und stellen unter anderem mit Drive Controllern und Steuerungen – als „Herzstücke“ der Maschine – die zuverlässige und hocheffiziente Leistung sicher. Ein konkretes Beispiel: Die Snus-Verpackungsmaschine SB18-2T – eine Form-, Füll- und Verschließmaschine für rauchfreie Oraltabak-Portionspackungen in Filterfolie.
„Die SB18-2T operiert vollautomatisch und verarbeitet Vliesarten von der Flachfolienrolle. Da sie eine Ausbringung von bis zu 900 Beuteln/Minute leistet, brauchen wir eine Systemlösung, bei der einzelne Komponenten aufeinander abgestimmt sind und reibungslos arbeiten. In der Maschine setzen wir daher neben der C6 Smart Steuerung auch auf die S6 Servo Drives, Servomotoren und die C6 Router von KEB Automation“, sagt Tobias Merte, Leiter SPS-Programmierung bei Merz.
Verpackungsmaschinen erfordern hohe Dynamik
Artur Albring, Vertriebsingenieur bei KEB, ergänzt: „In der Regel sind in den Maschinen von Merz immer eine Steuerung sowie mindestens jeweils drei Servoumrichter und -motoren von uns im Einsatz. Die gewünschte Antriebslösung erarbeiten wir gemeinsam, um die Anforderungen an die Maschinen bestmöglich zu erfüllen.“
Zu genau diesen Anforderungen zählen etwa die Bedienung der Servoantriebe, eine hohe Dynamik und die leistungsstarke Performance der Antriebe. Auch ist es wichtig, den Schaltschrank kompakt zu halten. Hierfür eignet sich das Buchformat der KEB S6 Drives, wodurch gleich mehrere Antriebssteller platzsparend nebeneinander angeordnet werden können. Die Steuerung ist darüber hinaus für mehrere Aufgaben verantwortlich: „Die C6 Smart übernimmt die Kommunikation über Profinet und ermöglicht die Maschinensteuerung und -bedienung. Vor allem aber verantwortet unsere C6 Steuerung die Motion Control und zyklische Positionierung in den Verpackungsmaschinen von Merz. So zum Beispiel in der Stickpackmaschine SBL50-2“, sagt Albring. Der für die Maschinen von Merz wichtige Aspekt der Sicherheit wird zudem mit der STO-Funktion (Safe Torque Off) über die Drive Controller abgebildet.
„Wir nehmen unsere Verpackungs- und Dosiermaschinen in zahlreichen Branchen auf der ganzen Welt in Betrieb. Das bedeutet auch: Die Anforderungen, die an unsere Maschinen gestellt werden, unterscheiden sich teils deutlich. Für uns ist es dann ein großer Vorteil, dass wir bei KEB auf maßgeschneiderte Antriebslösungen zurückgreifen können“, sagt Volker Hedrich, Leiter Elektro bei Merz.
„Wir brauchen smarte Sicherheitskonzepte“
Welche Ansprüche müssen Antriebskomponenten erfüllen, die in Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen zum Einsatz kommen?
Pack&Food-Anwendungen stehen im Zeichen rauer Umgebungsbedingungen. In vielen Fällen werden die Maschinen mit aggressiven Waschsubstanzen und Hochdruck gereinigt. Motoren, Frequenzumrichter und Steuerungen müssen also robust und strapazierfähig sein. Die Platinen in den aktuellen Gerätereihen der Frequenzumrichter von KEB Automation sind daher mit einem eigens für diese Umgebungen entwickelten Schutzlack ausgestattet. Und unsere HMI Bedienpanels sind zum Beispiel aus Edelstahl und haben einen hohen Schutzgrad von IP69K. Hochdruckreinigen und sogar Temperaturen von 50 °C machen den Geräten daher nichts aus. Auch auf Leistungsstärke kommt es an: Nahrungsmittel- und Verpackungsmaschinen müssen genaues Schneiden, Dosieren, Mischen und Füllen bei kürzesten Taktzeiten gewährleisten. Dafür bieten wir kompakte und energiesparende dynamische Antriebe mit hohen Überlasten und einer präzisen Regelung.
Im Bereich Pack&Food spielt Funktionale Sicherheit eine große Rolle. Wie lassen sich Gefahren durch Antriebssysteme reduzieren?
Bislang wurde Sicherheitstechnik häufig dezentral mit externen Sicherheitsmodulen aufgebaut. Diese waren teuer, aufwändig zu verkabeln und haben Platz im Schaltschrank benötigt. Bei KEB bauen wir Funktionale Sicherheitskonzepte smart auf. Funktionen wie „Safe Torque Off“ (STO) oder „Safely-Limited Speed“ (SLS)“ sind in unseren COMBIVERT Antriebsreglern integriert und modular wählbar. Dabei ist eine Verdrahtung verzichtbar, wenn eine Sicherheitssteuerung mit beispielsweise Safety over EtherCAT oder Profisafe verwendet wird. Bei vielen drehzahlbasierten Sicherheitsfunktionen kann sogar auf den sicheren Geber verzichtet werden. Mit der von uns entwickelten integrierten Sicherheitsfunktion „Safe Door-Lock Control“ (SDLC) werden Türschalter von zum Beispiel Nahrungsmittelmaschinen mit Messerantrieb erst dann freigegeben, wenn das Messer zum Stillstand gekommen ist. Auf ein externes Modul für die Überwachung kann verzichtet werden.
Sie bieten komplette Systemlösungen an. Welche Vorteile ergeben sich dadurch für die Anwender?
Von HMIs und Steuerungen über Drives bis hin zu Motoren und Bremsen realisieren wir Antriebslösungen aus einer Hand. Dabei sind die einzelnen Komponenten optimal aufeinander abgestimmt und führen so zu höchster Effizienz der Maschine. Und da beispielsweise Motor und Umrichter perfekt harmonieren, werden wir so auch den verschärften Ökodesign-Richtlinien gerecht. Dazu passt, dass unsere Drive Controller mit dem neuen Energieeffizienzlabel IE2 nach der Norm EN 61800-9-2 ausgestattet sind. Ein weiterer Vorteil für den Maschinenbauer ist, dass es nur einen Ansprechpartner für alle Belange rund um den Antrieb gibt. Die Flexibilität von Schnittstellen zu Komponenten von Drittlieferanten bleibt bei alldem erhalten, um Komponenten mühelos in bestehende Systeme einzubinden.