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Drahtwälzlager

Headline: Leichtbau – mit 3D-Druck auf die Spitze getrieben

Headline: Leichtbau – mit 3D-Druck auf die Spitze getrieben

Will man konsequent Leichtbau betreiben, wird man in vielen Fällen bei der Analyse der Gewichte eines Produkts feststellen, dass Wälzlager einen nicht zu vernachlässigenden  Anteil am Gesamtgewicht ausmachen. Die Franke GmbH aus Aalen entwickelt und fertigt Drahtwälzlager, eine leichtere Alternative zu den üblichen „Vollmateriallagern”. In einer Partnerschaft mit den Simulationsexperten von CADFEM und Rosswag als Lösungsanbieter für den 3D-Druck in Metall haben die Lagerspezialisten von Franke die  Technologie bis an die Grenzen ausgereizt. 

Seit den Sechzigerjahren ist Leichtbau einer der Treiber bei der Weiterentwicklung der Drahtwälzlager. Franke setzt dabei seit einigen Jahren auch auf 3D-gedruckte Aluminiumkörper, da es die additive Fertigung ermöglicht, ohne Festigkeitsverlust Material einzusparen.  

Solche Lager kommen beispielsweise bei der Lagerung von Satellitenantennen für Telefon und Internet in Flugzeugen zum Einsatz. Diese Antennenschüsseln sind oft im Leitwerk untergebracht und müssen während des Flugs ständig auf den Satelliten ausgerichtet bleiben, um die Datenübertragung zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Lager natürlich möglichst leicht sein. 

Gewicht ist bei Flugzeugen ein kritischer Faktor. Zum einen kann jedes Kilo, das am Flugzeug selbst eingespart wird, für die Nutzfracht genutzt werden. Zum anderen erhöht jedes Kilo Gewicht den Kerosinverbrauch des Flugzeugs. Und der Gewichtseffekt potenziert sich, weil natürlich auch das zusätzliche Kerosin wiederum mitgeführt werden muss und das Gewicht weiter erhöht. So spart ein Kilogramm eingespartes Gewicht bei einem Verkehrsflugzeug jährlich etwa 2.000 Dollar an Treibstoffkosten – und übrigens auch dementsprechend viel CO2. 

Franke optimiert Leichtbaulager für die Aerospace-Industrie 

Franke liefert schon seit einigen Jahren solche gewichtsoptimierten Lager an die Aerospace- Industrie, bisher allerdings mit konventionell gefertigten Lagerkörpern. Um auszuloten, welche weiteren Einsparungen mit modernsten Technologien wie Topologieoptimierung und additiver Fertigung möglich sind, holte sich Franke für ein Industrieprojekt zwei Partner ins Boot: Zum einen Rosswag Engineering, ein aus einer Freiformschmiede entstandener Spezialist für Metall-3D- Druck, der schon seit längerer Zeit Frankes Lieferant für additiv gefertigte Leichtbaulager ist. Und zum anderen CADFEM aus Grafing bei München, Spezialist für die numerische Simulation, der unter anderem die High-End-Simulationswerkzeuge von Ansys vertreibt, aber auch selbst Engineeringdienstleistungen anbietet. 

Auf Seiten von CADFEM beteiligte sich Florian Hollaus von CADFEM Austria an dem Projekt. Hollaus konnte in die Lageroptimierung seine langjährige Erfahrung in zahlreichen Kundenprojekten, in denen er als externer Dienstleister Topologieoptimierungen und andere Simulationen durchführte, einbringen. In vielen dieser Engineeringprojekte, in denen er oft direkt mit dem Kunden und in dessen Team integriert arbeitet, ist zudem die additive Fertigung involviert, sodass Hollaus auch hier aus seinem Erfahrungsschatz schöpfen konnte. 

Ausgangspunkt war eine von Franke gelieferte Geometrie des bisher genutzten Lagers, das mit einem konventionell hergestellten Grundkörper aus Aluminium aufgebaut ist. Hollaus erinnert sich: „Das Lager mit einem Durchmesser von etwa 25 Zentimetern besteht aus einem Außenring und einem zweiteiligen Innenring, die aus Aluminium bestanden und schon so weit gewichtsoptimiert waren, wie es mit CNC-Bearbeitung möglich ist. Bei additiver Fertigung sind wir wesentlich freier in der Formgestaltung, so dass weitere Materialeinsparungen möglich sind, beispielsweise  indem man Vollmaterial durch Gitterstrukturen, sogenannte Lattices, ersetzt.” 

Hollaus importierte die von Franke gelieferte Geometrie in die Ansys Workbench, um sie für die Simulation vorzubereiten. Grundsätzlich ist die Definition von Kugellagern in FEM-Simulationen nicht einfach, Hollaus konnte hier aber auf eine erst kürzlich von CADFEM selbstentwickelte Erweiterung namens CADFEM Rolling Bearing inside Ansys zurückgreifen: “Jede Kugel kann theoretisch an vier einzelnen Punkten Kontakt mit den Drahtringen haben, was im FEM-Netz schwierig darzustellen ist. Unsere Erweiterung modifiziert das Modell automatisch so, dass die Berechnung optimale Ergebnisse liefern kann.” 

Franke lieferte auch die Belastungen auf das Lager. Dabei wurden zwei Fälle gerechnet: Zum einen die realen Belastungen aus dem Flugbetrieb und zum anderen die wesentlich höheren Belastungen, die in den Zulassungsbestimmungen verankert sind. Zudem mussten die Biegemomente im Lager berücksichtigt werden. 

Topologieoptimierung reduziert Gewicht um 16% 

Nach dem Definieren aller Lasten und der unveränderlichen Geometriebereiche des Lagers wurde die Topologieoptimierung gestartet. 

Diese ergab interessante Ergebnisse, so errechnete Ansys in einem ganzen Bereich des Grundkörpers lediglich vernachlässigbare Spannungen und die Topologieoptimierung entfernte an diesen Stellen das Material komplett. 

Hollaus importierte die optimierte Geometrie in das in Ansys integrierte CAD-System Space- Claim und füllte den Bereich mit einer Gitterstruktur, englisch Lattice genannt. Lattices bringen bei sehr geringem Gewicht zusätzliche Steifigkeit ins Modell. 

Mit Hilfe der Topologieoptimierung gelang es, das Gewicht des 3D-gedruckten Lagerkörpers gegenüber dem konventionell gefertigten Pendant, das ja auch schon stark optimiert war, um weitere 16 Prozent zu verringern – ein sehr gutes Ergebnis. 

Präzise Lasersteuerung und Stützstrukturen optimieren Druckqualität 

Ein zweites wichtiges Einsatzgebiet für die Simulation ist der Druckprozess an sich. Beim Metall- 3D-Druck im Pulverbettverfahren wird durch fokussierte Laserstrahlen an den gewünschten Stellen die benötigte Energie eingebracht, um die Metallpulverpartikel vollständig aufzuschmelzen. Durch schnelle Abkühlraten und hohe Temperaturgradienten entstehen im Werkstück starke Spannungen. Um die Wärmeleitung während dem additiven Fertigungsprozess zu ermöglichen und entstehende Spannungen aufzunehmen, werden „Stützstrukturen” benötigt. 

Einerseits sind Stützstrukturen damit wichtig für das Gelingen des Druckprozesses, andererseits sind sie auch Kostentreiber durch den benötigten Material- und Zeiteinsatz. 

Hollaus verdeutlicht: „In dieser Simulation mit der Additive Suite von Ansys arbeiten wir mit Materialparametern, die in langwierigen Versuchsreihen für genau dieses verwendete Material gewonnen wurden. Einige der Materialdaten im Lieferumfang von Ansys Additive Suite wurden übrigens von Rosswag Engineering entwickelt. Mit diesen Daten haben wir eine sehr genaue Repräsentation des realen Geschehens, beispielsweise wie sich der Schmelzepool bildet, wenn der Laserstrahl auf das Pulver trifft und wie die Verteilung der Wärme durch die Scanstrategie während jeder Schicht ist. Um den Verzug zu minimieren, wird nicht wie bei einem Kunststoff-Filamentdrucker in einer Linie gearbeitet, sondern der Laserstrahl springt über die gesamte Druckfläche hin und her.” 

„Trotzdem bringt ein Laserstrahl die Hitze extrem punktuell in das Material ein – das ist ja der Sinn der Sache, um feine Details drucken zu können”, so Hollaus weiter. „Deshalb müssen die Druckteile fixiert werden, damit sie sich nicht verziehen oder gar nach oben biegen, wo sie dann beim Auftragen der nächsten Schicht mit der Beschichterlippe kollidieren. Andererseits müssen diese Strukturen manuell entfernt werden und verbrauchen Material, so dass man eine Balance zwischen zu wenig und zu viel Stützstruktur finden muss – dazu variiert man Druckparameter wie Geschwindigkeit und Einwirkzeit des Lasers, aber auch die Orientierung des Bauteils im Raum. Genau diese optimale Einstellung entwickeln wir in der Additive Suite und vermeiden so eventuelle Fehldrucke.” 

Zusammenarbeit optimiert Bauteilfertigung und Materialeinsatz 

Hollaus arbeitete bei der Simulation des Druckprozesses eng mit Philipp Schwarz, Projektingenieur bei Rosswag, zusammen. Schwarz erinnert sich an die Zusammenarbeit: „Jeder von uns brachte seine Erfahrung ein, wir brachten beispielsweise auf die von CADFEM berechnete Geometrie gezielt Material an den Stellen auf, wo eine spanende Nachbearbeitung notwendig wird, beispielsweise im Lagersitz. Wir definierten zudem die Positionierung und die Stützstrukturen, das Gesamtmodell ging dann zurück an CADFEM zur Simulation des Bauvorgangs.” Hollaus fügt an: „Wir konnten in der Ansys Additive Suite den Bauvorgang Schicht für Schicht berechnen und damit die optimale Druckeinstellung finden, mit denen sich die Lagerkörper zuverlässig, präzise und mit möglichst wenig Nacharbeit herstellen ließen – was sich dann ja auch im Druck bei Rosswag bestätigte.”  

Schwarz stimmt zu: „Das ist richtig, die drei Komponenten konnten ohne Komplikationen gedruckt werden. Für die jetzigen Prototypen nutzten wir den Standardwerkstoff AlSi10Mg, im nächsten Schritt denken wir aber auch an neue Legierungen, die bisher nicht in der Additive Suite zur Verfügung stehen. In der Vergangenheit haben wir bereits in enger Kooperation mit Ansys eigene Materialmodelle zur Additive Suite hinzufügen können. Die Erarbeitung aller theoretischer und experimenteller Daten für das Materialmodell einer leistungsfähigeren Aluminiumlegierung wäre der nächste große Schritt in diesem Projekt.” 

Schließlich generierte Schwarz in Ansys Additive Prep die Daten für die Metall-3D-Druckanlage von SLM Solutions, auf der alle Teile gefertigt wurden. Die fertig gedruckten Lagerkörper wurden schließlich an Franke geliefert, wo sie wiederum bearbeitet und mit den Lagerbestandteilen – Drahtringe, Wälzkörper und Käfig – vervollständigt wurden. Franz Öhlert, Konstrukteur bei Franke, erläutert die Bearbeitung. „Auf der CNC-Fräsanlage werden die Sitze für die Drahtringe, die Kontaktflächen der zwei Innenringteile mit dem Außenring sowie die Stellen, an denen das Lager mit anderen Bauteilen verbunden wird, bearbeitet. Bisher ist es nicht möglich, diese Flächen so sauber zu drucken, dass sie ohne weitere Bearbeitung genutzt werden können.” 

Nahezu das komplette Projekt lief unter Coronabedingungen ab, lediglich das Kickoff-Meeting konnte noch kurz vor dem Lockdown im März als reales Treffen abgehalten werden. Die weiteren Absprachen liefen dann über Microsoft Teams. Dabei bewährten sich die 3D-Darstellungen aus Ansys als Kommunikationsmittel. Dank der Einfärbung der 3D-Modelle mit den unterschiedlichen Spannungen im Bauteil konnten Problemstellen auch im Videomeeting klar kommuniziert und Lösungen gefunden werden. 

Erfolgreiche Partnerschaft 

Franz Öhlert ist mit der Zusammenarbeit in der Partnerschaft sehr zufrieden: „Es handelte sich hier zwar nicht um einen realen Kundenauftrag, sondern wir wollten aus eigenem Antrieb herausfinden, welche Einsparungen sich mit Topologieoptimierung und additiver Fertigung erreichen lassen. Trotzdem war es eine sehr realistische Zusammenarbeit, auch in realen Projekten hätten wir mit Rosswag und CADFEM zusammengearbeitet – beziehungsweise haben es schon getan. Die Zusammenarbeit zwischen Franke als Lagerspezialist, Rosswag mit seiner Erfahrung im 3D- Druck und mit Metallwerkstoffen sowie CADFEM als Experte für die numerische Simulation war effizient und sehr angenehm. Wir kamen mit annehmbarem Aufwand zu einem tollen Ergebnis und wir werden die Erfahrungen aus diesem Projekt sicherlich in der Praxis nutzen können.” 

Auch Florian Hollaus ist zufrieden mit dem Projekt: „Wir konnten zeigen, dass wir mit der Software der Additive-Serie von Ansys den Druckvorgang so realistisch simulieren und optimieren können, dass der Druckprozess sauber durchläuft. Und die erreichten 16 Prozent Gewichtseinsparung an einem schon optimierten Bauteil sind sicher auch ein Statement, was Topologieoptimierung und die Freiheiten des 3D-Drucks zu erreichen in der Lage sind.” 

Philipp Schwarz schließt: „Wir als erfahrener Dienstleister profitieren von der Optimierung des Bauprozesses, die wir mit CADFEM umgesetzt haben. Metall-3D-Druck erfordert sehr hohe Investitionen in Maschinen, Material und Know-how, so dass jeder vermiedene Fehldruck eine spürbare Einsparung darstellt. Die Ansys Additive Suite hat uns nicht nur in diesem Projekt überzeugt, sondern  wird auch von uns schon seit mehreren Jahren erfolgreich im Tagesgeschäft eingesetzt.” 

Autor:  Dipl.-Ing. Ralf Steck ist freier Fachjournalist für die Bereiche CAD/CAM, IT und Maschinenbau in Friedrichshafen. 

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