Antriebstechnik
Welcher ist der Richtige?
Als Spezialist für hochgenaue Positionierlösungen realisiert Steinmeyer Mechatronik Inspektionssysteme für die Prüf- und Messtechnik, die perfekt an die individuelle Aufgabenstellung des Kunden angepasst sind. Worauf es bei der Auswahl des Antriebs ankommt, dazu gibt das Unternehmen Systematik und Entscheidungshilfe.
Inspektionssysteme tragen zur Verbesserung der Produktqualität, Reduzierung der Ausschussrate, Steigerung der Prozesseffizienz sowie Einsparung von Kosten bei und sind fester Bestandteil vieler Fertigungslinien. Hightech-Branchen wie die Halbleiterindustrie, die Medizintechnik oder die Pharmabranche verlangen gar eine lückenlose Qualitätskontrolle und Dokumentation. Dabei stellt jede Anwendung und Branche unterschiedliche Anforderungen an die Inspektionssysteme. Das hat Auswirkungen auf die Wahl des Antriebs. Doch welcher ist der richtige? Eine Systematik und Entscheidungshilfe für Hersteller von Maschinen, Inspektionsanlagen, Laborgeräten oder Medizingeräten.
Die Qual der Wahl
Zu den wichtigsten Antriebsarten für Inspektionssysteme gehören DC-, AC-, Schritt-, Linear- und Piezomotoren. Steinmeyer Mechatronik, Spezialist für hochgenaue Positionierlösungen aus Dresden, arbeitet jedes Jahr an 50 neuen Entwicklungen in allen denkbaren Industriezweigen, wo µm-Präzision gefordert ist. „Der Antrieb sollte sich nach der Anwendung richten und nicht nach der für den betreffenden Lieferanten gewohnten beziehungsweise bequemsten Lösung. Ansonsten werden Kompromisse eingegangen, die entweder zu Kosten für Nachentwicklung oder Abstrichen an der Qualität des Produktes führen“, macht Elger Matthes, Entwicklung und Produktmanagement bei Steinmeyer Mechatronik, deutlich.
Die Auswahl des Antriebs ist dabei immer ein Kompromiss im Spannungsfeld zwischen Geschwindigkeit, Genauigkeit, Last und Verfahrweg. Darüber hinaus spielen weitere Kriterien wie Steifigkeit, Dynamik, Linearität und die Einsatzbedingungen der Umwelt in die Entscheidung hinein. Auch Integrationsaspekte, Anforderungen an Bauraum und Preis sowie die Faktoren Industriereife, Lebensdauer, Verfügbarkeit und Support sollten Berücksichtigung finden. „Das Wichtigste ist zu verstehen, was der Kunde benötigt – und dann mit diesem Verständnis aus den vielen Möglichkeiten das Optimum zu wählen.“, sagt Matthes. Dafür braucht es ein feines Gespür für die Applikationsanforderungen, langjährige Erfahrung und tiefes Wissen über Antriebs- und Motorentechnik.
Spezialist für große Lasten
Bei großen Lasten in rauen Umgebungen bietet sich z. B. eine Kombination aus AC-Motor und Kugelgewindetrieb an so wie in einem konkreten Anwendungsfall zur Inline-Qualitätskontrolle mit Laseroptiken aus dem Werkzeugmaschinenbereich. Die Laseroptiken bringen ein Gewicht von 26 kg auf die Waage und erfordern kraftvolle Antriebe – ein Heimspiel für AC-Motoren. Sie sind einfach konstruiert, robust gebaut, industrietauglich, besonders langlebig und bieten hohe Drehzahlen sowie mittlere Momente. Diese Wechselstrommotoren zeichnen sich durch ein äußeres, stehendes Spulensystem mit drei Phasen aus, in dem sich ein Magnetsystem dreht. Eine Elektronik stellt ein sinusförmiges Drehfeld zur Verfügung, dem der Rotor folgt. Auch die sogenannten elektronisch kommutierten Gleichstrommotoren sind im Grunde Wechselstrommotoren mit intern untergebrachter Elektronik, die die Kommutierung vornimmt. BLDC sind bestens geeignet, wenn es darum geht, eine konstante Drehzahl ohne Anspruch auf das Anfahren bestimmter Positionen zu realisieren. Mit „AC-Motoren“ sind hier die AC-Servomotoren gemeint, nicht jedoch Induktionsmaschinen.
Sehr feinfühlig ansteuern
Elektrodynamische Antriebe wie AC-Motoren machen sich den elektrodynamischen Effekt zunutze. Dabei gilt die Proportionalität von Strom zur Last und von der Spannung zur Drehzahl bzw. Geschwindigkeit. Das ermöglicht es, elektrodynamische Antriebe sehr feinfühlig auf sub-µm anzusteuern. Für Positionieraufgaben benötigen sie ein Messsystem oder einen Encoder. Auch DC- und Linearmotoren arbeiten nach diesem Prinzip.
Charakteristisch für DC-Motoren ist, dass sich innerhalb einer stehenden Magnetanordnung ein Spulensystem dreht, das über Schleifbürsten mit den zwei äußeren Anschlüssen verbunden ist und somit bei der Drehung die für die Bewegung notwendige Spule kontaktiert (mechanische Kommutierung) – sozusagen die Umkehrung der oben beschriebenen AC-Motoren. Ein typisches Anwendungsbeispiel ist ein XY-Z Portal für eine Rauhigkeitsmessung. Damit werden Wiederholgenauigkeiten von 0,5 µm und sehr gleichmäßige Messfahrten realisiert.
Schnell und lange Verfahrwege
Geht es um lange Verfahrwege und große Geschwindigkeiten, sind Linearmotoren die Technologie der Wahl. Ein Applikationsbeispiel ist hier die Kontrolle großer Paneele nach dem Laserschneiden. Dies wurde mit einem Luftlager-Portalsystem mit integriertem Linearencoder umgesetzt, das Verfahrwege von 1 600 mm und 1 150 mm in XY sowie Positioniergeschwindigkeiten von 1 500 mm/s (Spitze: 2 200 mm/s) realisiert.
Es wird zwischen „eisenbehafteten“ (DLM) und „eisenlosen“ (eDLM) unterschieden. Im ersten Fall wird ein Läufer mit in einen Eisenkern gewickelten Spulen über einer leiterförmigen Magnetanordnung bewegt, im zweiten Fall ist es ein Verguss aus drei Spulen zwischen zwei Magnetsystemen. Zu beachten ist das deutliche Rastmoment des eisenbehafteten Linearmotors, das aus der Reluktanzwirkung des Eisenkreises resultiert. Bei eisenlosen Linearmotoren tritt dagegen kein Rastmoment auf, wodurch ein sehr gleichförmiger Lauf gewährleistet wird.
Ohne Messsystem einsetzbar
Liegt der Fokus auf Einfachheit, Robustheit und Wirtschaftlichkeit, sind Open-Loop-Systeme ideal. Mit Schrittmotoren können Positionen alleine durch Zählen der Schritte angefahren werden, was eine auf Feedback regelnde Steuerung entbehrlich macht.
Schrittmotoren bieten begrenzte Beschleunigung und Geschwindigkeit, was für typische Einsatzbereiche wie Mikroskoptische in der Regel aber auch nicht erforderlich ist. Exemplarisch kann an dieser Stelle eine Anwendung mit einer Positioniergeschwindigkeit von 25 mm/s (Spitze: 50 mm/s) genannt werden. Der XY-Kreuztisch mit 100 mm Verfahrweg zeichnet sich durch eine Wiederholgenauigkeit von 2,5 µm aus und ermöglicht eine Positionierung von Lasten bis 10 kg.
Extrem hohe Auflösung
Auch Piezomotoren sind selbsthaltend. Ihr größter Vorteil liegt jedoch in der sehr hohen Auflösung im Nanometerbereich sowie in der Stabilität nach der Bewegung. Wiederholgenauigkeiten von 0,05 µm und Stillstandsabweichungen < 50 pm/min stellen kein Problem dar. Davon profitiert auch die Halbleiterindustrie bei der Inspektion von Nanostrukturen. Eine Lösung ist ein UHV 3-Achs-System in magnetfreier Ausführung mit Verfahrwegen von 160 mm für die X-Bewegung und je 20 mm für die Y- und Z-Bewegung (vertikal). Dank speziell entwickelter Piezomotoren können Lasten bis zu 2 kg positioniert werden.
Piezomotoren nutzen den piezoelektrischen Effekt, also die Längenänderung eines Kristalls im elektrischen Feld. Typischerweise betragen diese 1,5 Promille. Um makroskopische Verstellwege im mm-Bereich zu erreichen, werden mehrere Piezostacks in Piezomotoren zu beweglichen Beinen miteinander kombiniert, sodass sie eine quasikontinuierliche Bewegung ausführen. Die Kraftübertragung auf die Läuferkeramik erfolgt über Reibung. Mit Schreiter, Oszillator, Wanderwellenmotor und Stick-Slip-Motor haben sich vier Grundprinzipien durchgesetzt, die mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften ein breites Anwendungsspektrum abdecken.
Autor: Dr. Alexander Bromme, Geschäftsführer, Steinmeyer Mechatronik
Bilder: Steinmeyer Mechatronik GmbH