Fachartikel

Motoren

Weniger Lärm, mehr Komfort

Weniger Lärm, mehr Komfort

Leise Moog Animatics SmartMotoren ersetzen seit 2021 die Lärmquelle Schrittmotoren, schonen das Gehör der Mitarbeitenden und ermöglichen weitere Effizienzgewinne in der Arbeitsvorbereitung für die spanende Fertigung. 

Generell dienen Werkzeugeinstellgeräte der Entkopplung von Werkzeugeinstellung und Rüstzeit mit dem Ziel, der CNC-Maschine mehr reine Produktionszeit zukommen zu lassen. Ein lohnender Aufwand, denn die Werkzeuge können für verschiedene CNC-Maschinen bereits vorbereitet werden, während diese noch im aktuellen Bearbeitungsvorgang laufen. 

Massiv verringerte Einrichtezeit der CNC-Maschinen wird zudem erreicht, da deren Steuerung digitale, vorbereitete und korrekte Werkzeugdaten ohne Verzögerung erhält, Fehlerquellen wie manuelle Einstellung oder Tippfehler entfallen.  

Die Kenntnis der CNC-Maschine um die exakten Werkzeuggeometriedaten und der Schneidenqualität erhöht die Bearbeitungsqualität am Werkstück, die Standzeit des Werkzeuges und reduziert ungeplante Maschinenstopps. 

Präzise und digital 

Aufgabe der Motoren in einer Werkzeugeinstellmaschine ist, alle Positionen für das Werkzeug, das Kamerasystem bzw. für weitere Messaufgaben mit höchster Präzision anzufahren und derart genauso präzise und hochqualitative Messungen zu ermöglichen.  

Am Beispiel der Kenova-Serie vom Spezialisten Kelch aus Weinstadt dreht sich in der einfachsten motorischen Ausprägung nur die Werkzeugspindel, um das zu messende Werkzeug im Umfang prüfen und messen zu können. In der nächsten Stufe werden auch die Linearachsen X und Z motorisch zugestellt und in der größtmöglichen Ausprägung, der Kenova set line V9-S, werden vier Linear- und zwei Rotationsachsen von gesamt sechs Motoren angesteuert.  

Schrittmotoren waren seit dem Jahr 1982 das Mittel der Wahl, um die geforderte Genauigkeit zu realisieren. Schritte, Positionierung und Präzision sind ihnen quasi konstruktiv bereits zu eigen – aber? 

Gehörschutz bitte! 

Technische Funktionalität in Ehren, jedoch mussten die verwendeten Schrittmotoren in einem Frequenzbereich verwendet werden, der hohe Geräuschemissionen zur Folge hatte und von Mitarbeitenden als störend empfunden wurde. War Lärm am Arbeitsplatz früher ohne Belang, hat sich das in der heutigen Betrachtung der gesamten Ressourcen, inklusive Mensch, grundlegend gewandelt.  

Wie könnte man die Geräuschemissionen der Motoren eliminieren und eventuell noch weitere Effizienzgewinne einstreichen? Das fragten sich die Kelch-Entwickler und suchten 2016 den Kontakt zu den Moog-Ingenieuren, um deren SmartMotoren als Lösung zu bewerten. Von denen war aber im Grunde kein Geräusch mehr wahrnehmbar. „Jetzt hört man erstmal, wie laut die eigentliche Mechanik ist“, wurde mehrfach geäußert. 

Darüber hinaus konnten die SmartMotoren mit ihrer kompakten Bauform, dem Entfallen gesonderter Regler im Schaltschrank und dem Bedarf nur eines Netzteiles punkten, weil sie damit den Platzverbrauch des Systems erheblich reduzieren. Die Möglichkeit einer unmittelbaren Ansteuerung über PC und als tatsächlich vollintegrierte Lösung die Realisierung einer direkten Kommunikation mit der Steuerungssoftware war ein guter Bonus. 

Versuch macht klug 

Moog stellte daher einen Musterkoffer mit SmartMotoren zur Verfügung – was im Markt keine Selbstverständlichkeit ist.  So ausgestattet konnten Programmiertests durchgeführt und Möglichkeiten der integrierten Ein- und Ausgänge des Motors getestet und erprobt werden. Mit positiven Ergebnissen intensivierte Moog die Tests in den folgenden vier Jahren, die SmartMotoren wurden für den Einsatz in den Werkzeug-Einrichtemaschinen optimiert, kundenspezifische technische Modifikationen integriert und abschließend neue Vorserienmotoren geliefert. Da die Abschlusstests mit Bravour bestanden wurden, stand dem Serienstart in 2021 nichts mehr im Weg, alle Kenova-Systeme von Kelch werden seitdem mit Moog Animatics SmartMotoren ausgeliefert. 

Smart-Technik im Detail 

Kelch rüstet die Systeme mit SmartMotoren des Typs SM23165DT samt „Drive Enable“ Option aus. Diese separate Spannungsversorgung der Verstärker-Stufe kann abgeschaltet werden, um ein ungeplantes Wiederanlaufen zu verhindern. Der Motorregler selbst bleibt spannungsversorgt und arbeitet normal weiter. Zusätzlich weist die Motorwelle eine Anpassung durch eine spezifische Abflachung an einer Seite auf, um beim Systemwechsel auf die SmartMotoren die bisherige Konstruktion nicht ändern zu müssen  Ganz wesentlich für die Positioniergenauigkeit ist die Eigenschaft, die Position auch bei Stromabschaltung beizubehalten, so dass eine erneute Initialisierung obsolet ist. 

Nominell können Motor und Verstärker-Stufe mit 24 bis 48 V versorgt werden, wobei die Leistung jedes Motors bei maximal 204 W Dauerleistung liegt. Bei 5 200 Umdrehungen liefert jeder Motor 0,52 Nm Dauerdrehmoment, die Spitzenleistung erreicht 0,84 Nm. Die Encoder-Auflösung liegt bei 4 000 Schritten pro Umdrehung, die Kommunikation mit der Steuerung und, im Fall mehrerer Motoren, direkt untereinander, kann über CAN-Bus erfolgen. Hier besteht auch die Möglichkeit, über das Moog Animatics interne Combitronic-Protokoll Mehr-Achs-Anwendungen einfach und schnell zu realisieren. Dieses Protokoll wird ebenfalls über CANopen übertragen und läuft parallel dazu.  

Da die Sensorik direkt im Motor integriert ist, wird die Reaktionsgeschwindigkeit im Zusammenspiel von Steuerung und Software erhöht. Den Effizienzgewinn voll ausschöpfen können die SmartMotoren, wenn mehr als einer im Spiel ist. Daten werden in Echtzeit zwischen den Motoren transferiert und ermöglichen so koordinierte, präzise Bewegungsabläufe, wobei einer der SmartMotoren die Master-Funktion übernimmt und die anderen Motoren mitregelt, eine massive Entlastung für die zentrale Steuerung. Inwieweit der Entfall von Reglern und die Entlastung der zentralen Steuerung zusätzliche Vorteile bei der Energieeffizienz hinsichtlich Verbrauch und Wärmeentwicklung bietet, wird noch Gegenstand gesonderter Messungen sein. 

Gute Zusammenarbeit 

Bei Kelch und den Endkunden ist man mit den aktuellen Werkzeugeinrichtemaschinen äußerst zufrieden. Die tiefgehende und enge Zusammenarbeit zwischen den Kelch- und Moog-Ingenieurteams bildete die Grundlage für die Integration der SmartMotoren in die Werkzeugeinstellgeräte. War das „Beruhigen“ der Motoren zwar der erste Ansatz, zeigte sich schnell, dass die SmartMotoren mit erheblich mehr Vorteilen aufwarten können. Davon ausgehend sind in dieser Form weitere kundenspezifische Lösungen mit Raum für Entwicklungen und Anpassungen möglich. 

Wenn Maschinenhersteller ebenfalls nach smarten Antriebslösungen in ihrer Aufgabenstellung suchen, ist die Kontaktaufnahme zu Moog sicher ein erster Schritt. 

Autor: Jörn Jacobs, Fachjournalist, IHW Marketing GmbH 
Bilder: Motor: Moog, sonstige Kelch, Weinstadt (www.kelch.de) 
Teilen