Kabel
5G auch untertage?
5G, die erste Netzwerktechnologie, die speziell für die Bedürfnisse der Industrie entwickelt wurde, ermöglicht eine schnelle und zuverlässige drahtlose Kommunikation zwischen den Produktionsteilnehmern aufgrund der hohen Bandbreite, der extrem niedrigen Latenzzeit und der massiven Maschine-zu-Maschine-Kommunikation. Seit etwa 2017 wird 5G in der industriellen Produktion untersucht und hat bereits konkrete Fortschritte in Richtung einer schlankeren und effizienteren Produktion gezeigt. In Branchen wie dem untertägigen Bergbau, die durch einzigartige und komplexe Betriebsumgebungen und -bedingungen gekennzeichnet sind, wurden 5G-Netze jedoch noch nicht ausreichend erforscht.
Nur wenige Bergwerke haben sie getestet, und es wurden nur wenige konkrete Ergebnisse veröffentlicht. Inzwischen wird 5G als Chance gesehen, neue Anwendungsfälle für einen effizienteren und sichereren Betrieb zu ermöglichen. Ziel des Forschungsprojekts 5G.NAMICO (gefördert durch das Land Nordrhein-Westfalen über das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie; Förderkennzeichen 005-2108-0111) war es daher, verschiedene 5G-Netzkonfigurationen in einem in Betrieb befindlichen Bergwerk unter Tage zu testen. Ein Hauptuntersuchungsaspekt liegt im direkten Vergleich von Strahlenden Kabeln und direktionalen Antennen.
Privates 5G
Private 5G-Netzwerke sind Mobilfunknetze, die speziell für individuelle industrielle Anwender entwickelt wurden. Sie bieten dedizierte Konnektivität, höhere Sicherheitsstandards, bessere Kontrolle über Netzressourcen und eine höhere Zuverlässigkeit im Vergleich zu öffentlichen Mobilfunknetzen. 5G-Netze nutzen Network Slicing, das es ermöglicht, virtuelle Netzwerke innerhalb eines physischen 5G-Netzes zu erstellen, die jeweils spezifischen Anforderungen gerecht werden. Das ist besonders nützlich für industrielle Anwendungen, die eine hohe Zuverlässigkeit erfordern, vor allem in Tunneln oder untertägigen Bergwerken. Die Vorteile lassen sich in drei Kategorien einteilen.
Strahlende Kabel: Wie ein Gartenschlauch mit Löchern
Wie bei allen Funkanwendungen sind die eingesetzten Antennen eine für die Leistungsfähigkeit der drahtlosen Übertragung entscheidende Komponente. Eine schwache Luftschnittstelle kann das gesamte Netzwerk beeinträchtigen. Deswegen sollen die sehr unterschiedlichen Antennentypen der Multiple Input Multiple Output (MiMo)-Richtantenne mit strahlenden Kabeln verglichen werden. Antennen senden ihre Energie kugelförmig von einem Punkt aus. Sie unterliegen dem Prinzip, dass sie das Signal nur innerhalb ihres Sichtfelds ungestört zum Empfänger übertragen können.
Strahlenden Kabeln haben wie ein Koaxialkabel einen Innenleiter, der vom Außenleiter getrennt ist. Dieser Außenleiter ist versehen mit Schlitzen, die an einer Seite des Kabels entlang seiner Länge die elektromagnetischen Wellen abstrahlen. Jeder kleine Schlitz bildet eine kleine Antenne. Die Energie des Radiosignals, die in das Kabel gegeben wird, verteilt sich über die Länge des Kabels und wird über die Schlitze abgegeben. Wie wenn man einen Gartenschlauch zur Bewässerung einer Reihe von Pflanzen genau dorthin legen kann, wo das Wasser abgegeben werden soll, kann das strahlende Kabel das Radiosignal entlang der Strecke, auf der sich die mobilen Empfänger bewegen, direkt an diese senden. An jeder Stelle entlang des Kabels hat jeder Empfänger eine direkte Sichtlinie zum strahlenden Kabel. Interferenzen, Abschattungen oder andere Manipulationen des Signals finden viel weniger statt.
Eines der Versprechen von 5G ist es, die verfügbare Datenrate für jeden Nutzer nochmals zu erhöhen. Dies geschieht durch die Anhebung der Frequenz selbst. Somit wurde der Kanal n78 nun von WiMAX übernommen und für 5G reserviert und ist definiert von 3,3GHz bis 3,8GHz.
Zwei Parameter bestimmen die Performance des Kabels, Die Koppeldämpfung und die Längsdämpfung. Je dicker das Kabel, desto geringer ist die Längsdämpfung. Da ein übliches 1-1/4“ Koaxialkabel seine Grenzfrequenz bei ca. 3,7GHz hat, kann es im Kanal n78, der ja bis 3,8GHz geht, zu Übertragungsschwierigkeiten kommen. Kabel mit 7/8“ haben eine Grenzfrequenz weit oberhalb von n78, aber die Längsdämpfung ist deutlich höher. Bei der Entwicklung des 1-1/4“-Kabels konnte die Cut-Off-Frequenz über 3,8GHz angehoben werden. Die Koppeldämpfung wird durch das Schlitzdesign beeinflusst.
Durch das patentierte Schlitzdesign wird eine erhöhte elektrische Feldstärke an der Stelle erzeugt, wo sich der Empfänger bewegt. Dieses Verhalten ist frequenzabhängig. Somit wurde es möglich, das EUCARAY RMC114-G zu entwickeln, das auf den Kanal n78 hin optimiert ist und eine Kombination von guter Längsdämpfung und geringer Koppeldämpfung aufweist.
Ein Anwendungsbeispiel
Die Forschung hat untersucht, wie sich unterschiedliche Konfigurationen privater 5G-Netze, wie direktionalen Antennen und strahlenden Kabeln, auf die Leistungskennzahlen in untertägigen Bergwerken auswirken. Die Leistung des Netzes wurde durch die Messung von Signalstärke (RSRP), Upload- und Download-Durchsatz und Round-Trip-Zeit (Latenz) bewertet.
Es wurden aktive Messungen durchgeführt, um die Strahlkabelkonfigurationen zu bewerten, mit einem Kabel (1x1 SiSo), zwei parallelen Kabeln (2x2 MiMo) und vier parallelen Kabeln (4x4 MiMo). Die Upload-Leistung aller Konfigurationen ist relativ ähnlich. Beim Download weist das 1x1 Kabel ca. 200 Mbit/s auf, es zeigen sich aber bei 2x2 und 4x4 identische Downloadleistungen. Deswegen wurden die darauffolgenden Experimente nur mit der 2x2 Konfiguration durchgeführt. Beim direkten Vergleich der Downloadleistung erkennt man, dass anfangs die Leistung der 4x4 MiMo-Antenne ca. 12 % höher liegt, nach 200 m gleichen sich die Downloadleistung beider Antennen jedoch an. Die Strahlkabel nutzen lediglich 50 % der Radio Anschlüsse. So kann zweite Strecke mit dem gleichen Radio versorgt werden, was die potenzielle Abdeckung verdoppelt. Das Netzwerk, das durch die Strahlenden Kabel erzeugt wird, fällt deutlich homogener aus. Dies führt zu einem deutlich zuverlässigeren und berechenbaren Netzwerk.
Schlüsseltechnologie für unterirdische Netzwerkinfrastruktur
Strahlende Kabel bieten unter Tage mehrere Vorteile. In erster Linie ermöglichen sie in herausfordernden Situationen wie Streckensenken, Kurven oder viel befahrenen Strecken eine kontinuierliche Netzwerkabdeckung, da die elektromagnetischen Wellen in direkter Sichtlinie von der Firste (Decke) kommen und so das Geschehen in der Strecke in den Hintergrund rückt. Das homogenere Netzwerk bietet besonders in sicherheitsrelevanten Teilen des Bergwerkes eine zuverlässige, unterbrechungsfreie Netzwerkversorgung. Die jeweiligen Vorteile der Strahlenden Kabel und der direktionalen Antennen können so zu einem vollumfänglichen, echtzeitfähigen untertägigen Netzwerk kombiniert werden, welches das Rückgrat der untertägigen Digitalisierung bildet.
Autoren: Dipl.-Ing. Olaf Schilperoort, Produktmanager Strahlende Kabel, Kabelwerk Eupen und Johannes Emontsbotz, M.Sc., Oberingenieur MRE – Institute of Mineral Resources Engineering, RWTH Aachen University