Thyristor-Leistungssteller
Energie sparen beim industriellen Heizen
Ein wesentlicher Kostenfaktor bei allen industriellen Heizungsanwendungen ist die Energie. Applikationen wie Glühen, Trocknen, Schmelzen oder das Erwärmen von Glas, Kunststoff oder Metall erfordern deshalb eine präzise Wärmeregelung. Eine Automatisierung der Heizungsregelung mit dem Thyristor-Leistungssteller DCT880 gewährleistet, dass Temperaturen genau eingehalten werden und die Energie zum Heizen effizient genutzt wird.
Viele industrielle Prozesse verbrauchen große Mengen an Wärme. Die dafür verwendete Energie ist teuer, insbesondere wenn sie fossilen Ursprungs ist. Viele Unternehmen stellen daher von fossiler auf elektrische Energie um. Weitere Beweggründe sind eine langfristige Versorgungssicherheit, die für viele Betriebe existenziell ist, sowie die günstigere CO2-Bilanz, wenn der Strom aus erneuerbaren Energiequellen stammt – 2022 entfielen rund 45 Prozent der Bruttostromerzeugung in Deutschland auf erneuerbare Energien. Hinzu kommt, dass ein wachsender Anteil an Unternehmen Strom selbst produziert.
Wie lässt sich beim industriellen Heizen mit Strom im Vergleich zu fossilen Brennstoffen zukünftig Energie einsparen? Das ist abhängig vom Prozess. Ein Beispiel ist die Herstellung von Flaschenglas. Hier muss das Material auch im Innern erwärmt werden, nicht nur an der Oberfläche. Infrarot (IR-)Strahler liefert punktgenaue Wärme dort, wo sie gebraucht wird. Unterschiedliche Wellenlängen in Abhängigkeit vom Material optimieren den Prozess weiter.
Ultraviolett (UV-)Strahler sind das Verfahren der Wahl beim Coating, dem Lackauftrag auf ein Substrat. Hier geht es darum, den Lackauftrag zu härten und gleichzeitig das Trägermaterial nur gering zu erwärmen. Verschiedene Wellenlängen ermöglichen ein schnelles Härten oder Trocknen.
Heizelemente werden bei Extrudern eingesetzt, um den Prozess zu beschleunigen. Eine angepasste Ansteuerung der Heizelemente optimiert dabei die Substrattemperatur und die Lebensdauer der Heizelemente.
Präzise Heizungsregelung
Alle diese Lasten lassen sich über den Thyristor-Leistungssteller DCT880 kombinieren und ansteuern. Daneben kann der Anwender die optimale Lastkonfiguration und den besten Regelmodus für den jeweiligen Heizprozess wählen. Der Leistungsoptimierer des DCT880 bietet zusätzlich die Möglichkeit, Spitzenlasten durch einen Lastausgleich mehrerer Geräte im Parallelbetrieb zu optimieren.
Die Vielfalt der Steuerungsmethoden (Phasensteuerung, Vollwellen-Burst-Steuerung, Halbwellensteuerung sowie I-, U-, P- und I2-Steuerung) gewährleistet, dass selbst anspruchsvollste Anwendungen mit kurzen Anstiegszeiten oder einem hohen Heiß-/Kaltverhältnis sich dynamisch und präzise steuern lassen.
ABB hat den DCT880 im Jahr 2014 auf den Markt gebracht und in den Folgejahren an die ACS-Technik des Unternehmens angepasst und weiter optimiert. Der Thyristor-Leistungssteller eignet sich für verschiedene Wärmeapplikationen, wie z. B. die Herstellung von Glas, Silikon und Kunststoffflaschen, für Anwendungen in der Automobil-, Stahl-, Papier-, Lebensmittel- und chemischen Industrie, für Glüh- und Trocknungsanlagen, für Extruder sowie für viele weitere Branchen und Anwendungen.
Kompatibles Produkt
Der DCT880 ist ein kompatibles Produkt, das verschiedene Regelungsmodi beherrscht und sich für die unterschiedlichsten Leistungskategorien eignet. Das Gerät kann für drei einzelne oder für dreiphasige Lasten eingesetzt werden. Alle Steuerungsmodi, wie Phasenabschnitt-, Vollwellen- oder Halbwellensteuerung, sind im Standardpaket enthalten. Durch die Vielfalt an Regelverfahren lassen sich selbst anspruchsvolle Anwendungen mit kurzen Anregelzeiten und hohem Warm-/Kalt-Verhältnis dynamisch und präzise steuern.
Alle Lastkonfigurationen, wie Stern, Dreieck, Transformatorlast, Multitap etc., sind möglich. Die Lastkonfigurationen sind alle im Standardgerät vorhanden und lassen sich über Parameter einstellen. Sämtliche Arten von Lasten wie resistiv (Heizdraht), Kanthal (Heizen von Glas oder für höhere Temperaturen), Infrarot-Heizstrahler, Ultraviolett-Stabröhren oder LEDs können angeschlossen werden.
Um eine bestmögliche Segmentierung der Nennstromstärke zu realisieren, sind die Geräte in acht Baugrößen mit 25 Leistungsklassen mit einem Nennstrom von 20 A bis 4.200 A und einer Nennspannung von 110/230 V bis 990 V erhältlich. Die Geräte stehen als Module zur Verfügung oder können ab Werk in Schaltschränke der Wahl integriert werden. Über Feldbusadapter können die Geräte an alle gängigen Automatisierungssysteme angeschlossen werden. Der DCT880 ist darüber hinaus mittels IEC61131- und adaptiver Programmierung flexibel einsetzbar.
Leistungsoptimierer verhindert Stromspitzen
Beim elektrischen Heizen werden die Gesamtenergiekosten oft durch die zusätzlichen Kosten für Stromspitzen stark erhöht. Eine Möglichkeit zur Verringerung des Spitzenverbrauchs bestünde darin, energieintensive Prozessaufgaben gleichmäßig über den Tag zu verteilen. Dieser Ansatz würde jedoch Spitzen, die in einem kleineren Zeitrahmen auftreten, nicht verhindern. Der DCT880 bietet eine andere Lösung: Das Gerät verteilt die Last, um Spitzen zu minimieren. Auf diese Weise kann der DCT880 die Thyristorsteuerung von Widerstands-, Induktions- und Infrarotheizungen beim Glühen, Trocknen, Schmelzen und Erwärmen in der Glas-, Kunststoff- und Metallindustrie optimieren.
Die integrierten Leistungsoptimierungsalgorithmen des Gerätes reduzieren den Spitzenstrombedarf. Dies geschieht vollautomatisch, ohne den Produktionsprozess oder den Zeitplan zu beeinträchtigen. Der Hauptbestandteil ist eine Optimierungssuite, die auf dem DCT880 läuft, ohne dass weitere Überwachungseinrichtungen wie zusätzliche SPSen erforderlich sind. Der Schlüssel zur Optimierung ist ein Mikrozeit-Energieplanungsalgorithmus. Dieser verschiebt die Zeiträume, in denen Energie verbraucht wird, um Beträge, die so gering sind, dass der Heizprozess nicht beeinträchtigt wird. Durch geschickte Anwendung dieser Änderungen kann der Spitzenstrombedarf jedoch in vielen Fällen erheblich reduziert werden.
ABB bietet den DCT880 mit der Leistungsoptimierung als einfache Add-In-Option an. Damit können bis zu 50 Lasten mit dem Ziel einer maximalen Auslastung und minimaler Stromspitzen optimiert und die Nennstromstärke den Anforderungen entsprechend segmentiert werden.
Der Leistungsoptimierer ist ein weiterer Schritt zur Energieeinsparung und hilft, Spitzenlasten durch optimierten Lastausgleich mehrerer Geräte im Parallelbetrieb zu vermindern. Das ist wichtig für Systeme mit mehreren Geräten mit Vollwellenregelung, zum Beispiel Verarbeitungslinien, Industrieöfen oder die Glasindustrie.
Referenzen belegen Vorteile
Referenzen belegen die Vorteile eines DCT880-Einsatzes. So wurden in einem Projekt bei dem norwegischen Papierhersteller Vafos Pulp Lufterhitzer zum Trocknen von Zellstoff modernisiert und ein 9-MW-Ölbrenner durch elektrische Heizungen ersetzt, die von fünf DCT880 angetrieben werden. Jeder der drei Zweige des DCT880 liefert einen Strom von bis zu 1.750 A bei einer Netzspannung von 690 VAC.
Die neue Lösung bietet dem Papierhersteller mehrere Vorteile: Er hat keinen CO2-Ausstoß durch den Ölbrenner mehr. Das Zellstoffwerk in Kragerø, das jährlich 80.000 Tonnen Zellstoff produziert, spart dadurch 14.000 Tonnen CO2 pro Jahr ein. Das entspricht den jährlichen Emissionen von etwa 7.000 Autos mit Verbrennungsmotor. Mithilfe der DCT880-Leistungssteller kann Vafos Pulp den Prozess genauer und viel besser kontrollieren. Darüber hinaus entfällt das Hantieren mit Öl und es ist kein Platz zur Öllagerung erforderlich.
In Italien wurde der erste DCT880 der Baugröße T8 für die Produktion von warmgewalzten Spezialprofilen installiert. Der Kunde, ein Systemintegrationsunternehmen, hatte zuvor bereits eine elektrische Heizung. Heute werden die Sonderprofile in dem Werk im Warmdrahtumformverfahren mit DCT880 in Multitab-Konfiguration hergestellt.
Den Hauptvorteil der DCT880-Lösung sieht der Kunde in einem Leistungsfaktor von größer 0,9 für den gesamten gewünschten Regelbereich. Im Vergleich zur alten Installation mit Sättigungsdrossel und zur klassischen Thyristor-Leistungsregelung reduziert die Multitap-Konfiguration die Blindleistung deutlich und bietet einen besseren Leistungsfaktor über den gesamten Regelbereich. Heute profitiert der Prozess nicht nur von moderner Prozessdiagnose und Konnektivität, sondern auch von geringeren Wärmeverlusten und reduzierten Oberschwingungen.
Autor: Claus-Bernd Thürauf, Product Management Project Sales, ABB Motion Deutschland