Fachartikel
Energiespeicher
Energiespeicher in der All Electric Society
Am Anfang der All Electric Society stehen der massive Ausbau erneuerbarer Energien und der technologische Ansatz der Sektorenkopplung. Ein wichtiges Bindeglied stellen dabei Energiespeichersysteme dar. Bei Phoenix Contact hat man sich diese Vision als Ziel für die laufende Dekade gesteckt.
Eine stabile Energieversorgung auf Basis von Sonne, Wind und Wasser lässt sich nur dann sicherstellen, wenn die Volatilität der erneuerbaren Quellen durch hinreichend dimensionierte und zuverlässige Speicher ausgeglichen werden kann. Welche Systeme und Technologien hierfür am besten geeignet sind, hängt wesentlich von der erforderlichen Speicherkapazität, -leistung und -dauer ab.
Bei mechanischen Speichern wird die elektrische Energie in mechanische umgewandelt und umgekehrt. Das kann potenzielle oder Lageenergie sein oder kinetische oder Bewegungsenergie. Bei rein elektrischen Speichern werden elektrische Ladungen in Kondensatoren oder Super-Caps eingelagert oder elektrische Ströme in große Spulen beziehungsweise Induktivitäten eingeprägt. Elektrochemische Speicher nutzen die Differenzen der elektrochemischen Potenziale verschiedener Materialien in Kombination mit geeigneten Elektrolyten und Separatoren, um elektrische Energie in Batterien zu speichern. Von rein chemischer Speicherung spricht man, wenn mit Hilfe der elektrischen Energie chemische Reaktionen angetrieben werden, als deren Produkt energiereiche Flüssigkeiten oder Gase entstehen. Eine weitere Speichertechnologie ist die thermische. Hierbei wird die elektrische Energie zum Erzeugen von Wärme in geeigneten Speichermedien verwendet.
Typischer Aufbau eines Batterie-Großspeichers
Energiespeicher-Technologien
Beispiele kommerziell genutzter mechanischer Energiespeicher auf Basis von Lageenergie sind Pumpspeicherkraftwerke und Gravitationsspeicher. Weitere zu den mechanischen Energiespeichern gehörende Technologien sind Druckluft- und Schwungradspeicher. Erstere folgen dem physikalischen Prinzip des Federspeichers, letztere dem des Rotationsspeichers.
Mechanische Energiespeicher haben den Nachteil einer geringen Energiedichte pro Volumen und pro Gewichtseinheit. Die Investitionskosten sind relativ hoch, während die Betriebskosten gering sind. Sie werden häufig als Kurzzeitspeicher eingesetzt.
Die prominentesten rein elektrischen Energiespeicher sind Kondensatoren. Sie lassen sich zu großen Bänken zusammenfassen und können somit Energieinhalte bis in den Megawattstunden-Maßstab abbilden. Der größte Vorteil von Kondensatoren oder Super-Caps ist, dass sie sehr hohe Energiemengen in kürzester Zeit aufnehmen und wieder abgeben können. Darüber hinaus weisen sie eine sehr hohe Zyklenfestigkeit auf, sind aber auch kostspieliger.
Induktionsspeicher als zweite Klasse der rein elektrischen Energiespeicher basieren auf tiefgekühlten ultraleitfähigen Spulen, die ebenfalls hohe Lade- und Entladeleistungen ermöglichen. Die Energiedichte ist bei dieser Technologie jedoch sehr gering und die Betriebskosten wegen des Kühlbedarfs hoch. Induktionsspeicher werden somit nur dann eingesetzt, wenn es auf extreme Leistungsspitzen ankommt.
Klassische elektrochemische Energiespeicher sind Batterien. Es existiert eine Vielzahl von Batterietypen, die maßgeblich durch die verwendeten Elektrodenmaterialien charakterisiert werden. Als Beispiele seien genannt die Blei-Säure-Batterie, die Nickel-Cadmium- und die Nickel-Metallhydrid-Batterie, die Natrium-Nickelchlorid- oder auch Zebra-Batterie sowie Lithium- und die Natrium-Ionen-Batterien.
In der jüngeren Vergangenheit hat sich die Lithium-Ionen-Batterie in weiten Bereichen der Batterieanwendungen durchgesetzt. Sowohl in der Elektromobilität als auch in stationären Anwendungen hat sie mit über 90 % den höchsten Marktanteil. Grund ist eine hohe Energiedichte pro Volumen und Gewichtseinheit sowie eine hohe Zyklenfestigkeit.
Für stationäre Anwendungen behaupten sich nach wie vor auch Redox-Flow-Batterien, maßgeblich aufgrund ihrer geringeren Investitionskosten. Bei diesem Batterietyp ist der Elektrolyt von den Elektroden separiert und wird in Tanks gelagert. Im Betrieb wird den Elektroden diese Flüssigkeit mittels Pumpen zugeführt. So lässt sich die Kapazität der Batterie durch Vergrößerung der Tankvolumina einfach erhöhen, die Leistung durch eine größere Elektrodenfläche steigern. Redox-Flow-Batterien haben eine deutlich geringere Energiedichte im Vergleich zu Lithium- oder Natrium-Ionen-Batterien und weisen merkliche Betriebskosten und Effizienzverluste auf.
Die am weitesten verbreiteten rein chemischen Energiespeicher sind die Wasserstoff-basierten Technologien. Hierbei wird elektrische Energie eingesetzt, um Wasserstoff aus einer chemischen Bindung herauszulösen. Sofern hierbei erneuerbare Energien eingesetzt werden und kein Kohlendioxid freigesetzt wird, spricht man von grünem Wasserstoff. Dieser kann entweder direkt als Energieträger verwendet oder weiterverarbeitet werden.
In chemischen Reaktionen in Kombination mit Kohlendioxid oder Stickstoff lassen sich energiereiche Gase oder Flüssigkeiten herstellen wie beispielsweise Methan, Methanol, Kerosin und Ammoniak. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Power-to-X, wobei das X für Gas oder Liquid steht, sofern grüner Wasserstoff die Ausgangschemikalie ist. Die auf diesem Weg hergestellten Brennstoffe lassen sich ähnlich wie ihre fossilen Pendants speichern, transportieren und verwenden.
Die Erzeugung von Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien ist eines der Standbeine für die Energiewende
Effizienzverluste beim Wasserstoff
Zur Herstellung grünen Wasserstoffs wird Wasser-Elektrolyse eingesetzt. Dabei wird Wasser mit Hilfe von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespaltet. Die beiden Gase können getrennt voneinander an den Elektroden des chemischen Reaktors extrahiert werden. Die weiter oben beschriebene Weiterverarbeitung des grünen Wasserstoffs in höherwertige Brennstoffe benötigt zusätzliche Energie. Diese lässt sich dem Endprodukt nur bedingt wieder entnehmen und nutzen. Je mehr Umwandlungsschritte auf dem Weg von Elektrolyse über Wasserstoff bis zum finalen Energieträger nötig sind, desto höher werden somit die dabei auftretenden Energieverluste, meist in Form von Abwärme. Sofern man diese nicht sinnvoll anderweitig nutzen kann, sinkt die Effizienz des Gesamtprozesses.
Es liegt daher nahe, dass man die elektrische Energie aus Sonne, Wind und Wasser möglichst unmittelbar nutzen sollte. Jede Umwandlung bringt Effizienzverluste mit sich, die zwangsläufig zu einer Erhöhung der benötigten Erzeugungskapazität führen. Aus diesem Grund ist die weitestgehende Elektrifizierung aller Sektoren so entscheidend für das Gelingen der Energiewende und damit für die Begrenzung des Klimawandels.
Da die erneuerbaren Energien nicht ununterbrochen und nur bedingt steuerbar zur Verfügung stehen, ist die Speicherung der elektrischen Energie unumgänglich. Für Energiemengen bis in den Gigawattstundenbereich im Zeithorizont von Millisekunden bis zu mehreren Tagen eignen sich vorzugsweise Batteriespeicher. Sie können Energie schnell und flexibel aufnehmen und wieder an das Netz abgeben, sei es für die Bereitstellung von Regelleistung oder zum Ausgleich von Bedarfsspitzen. Geht es um die Speicherung von Überschussenergie über mehrere Wochen oder Monate, um etwa saisonale Schwankungen der regenerativen Energieerzeugung auszugleichen, empfehlen sich Wasserstoff-basierte Verfahren.
Überdies existieren zahlreiche Anwendungen, die nicht oder noch nicht mit elektrischer Energie betrieben werden können. Im industriellen Bereich sind dies die Stahl- sowie die Zementherstellung. Im Mobilitätssektor ist es der Transport großer Massen über weite Distanzen per Langstreckenflug, Lkw oder Schiff. Auch für diese Anwendungen sind nach heutigem Stand der Technik Wasserstoff und darauf basierende Folgeprodukte die beste Wahl.
Anwendung von Energiespeichern
Die gespeicherte elektrische Energie wird etwa zum Betreiben von Elektromotoren und aller Hilfsaggregate der Fahrzeuge eingesetzt. In der Wasserstoff-basierten Mobilität dient der Energieträger als Treibstoff für Verbrennungsmotoren.
Alternativ wird der Wasserstoff für das Betreiben einer Brennstoffzelle verwendet. In diesem Fall wird ebenfalls eine Batterie benötigt, um Leistungsspitzen bereitzustellen und zurückgespeiste Energie aufnehmen zu können. Brennstoffzellen arbeiten besonders effizient bei konstanter Last. In der Ladeinfrastruktur im Mobilitätssektor können Batterien das Schnellladen unterstützen, indem sie die hohen Ladeleistungen bedienen und damit das Verteilnetz entlasten.
Wichtige Anwendungsfälle von stationären Energiespeichern sind das Anfahren (Schwarzstart) sowie das Stabilisieren von öffentlichen Verteilnetzen, das Kappen von Lastspitzen in Industriebetrieben, die unterbrechungsfreie Stromversorgung, das Betreiben von Inselnetzen, die nicht an das öffentliche Verteilnetz angebunden sind, sowie der Ausgleich der Volatilität erneuerbarer Energieträger. Von zunehmender kommerzieller Relevanz ist der Stromhandel. Hierbei wird Energie zu Zeiten niedriger Erzeugerpreise gespeichert, um sie bei hohem Energiebedarf mit Gewinn wieder bereitzustellen.
Autor: Dr. Rüdiger Meyer, Applikationsexperte Energiespeichersysteme, Business Area Device Connectors, Phoenix Contact GmbH & Co. KG, Blomberg
Bilder: Phoenix Contact GmbH & Co. KG