Retrofit

Offene Steuerungslösung reduziert Wartungskosten

Offene Steuerungslösung reduziert Wartungskosten

Ein australischer Büroausstatter hat die Lagerlogistik seines Zentrallagers modernisiert, um Ausfälle zu vermeiden. Layer Seven Automation ersetzte dabei die dezentralen Steuerungen der Förderstrecken durch PC-based Control von Beckhoff mit EtherCAT-Kommunikation. So bleibt die Paketabwicklung stets gewährleistet. 

Der Endkunde ist einer der führenden Büroausstatter in Australien, mit einem breiten Portfolio von Büromaterialien und Computern bis hin zu Büromöbeln. Das Unternehmen betreibt über 100 Filialen in ganz Australien sowie einen Online-Shop mit mehr als 40 000 Produkten. Im Hauptverteilzentrum wird das Lagergut aus Regalen entnommen und in Boxen gepackt, die anschließend über verschiedene Förderstrecken – mit insgesamt 700 m Länge und 28 Verteilerstationen – transportiert und für den Versand vorbereitet werden. 

Nach jahrelangem zuverlässigen Betrieb der Förderstrecken zeigte sich, dass die Anlagen das Ende ihrer Lebensdauer erreichen. Es traten immer häufiger Störungen auf und die erforderlichen Ersatzteile wurden aufgrund des hohen Alters der Anlage immer schwieriger zu beschaffen und teurer. Daher beauftragte das Management des Büroausstatters die auf Lager- und Logistikprojekte spezialisierte Layer Seven Automation aus Bella Vista (Metropolregion Sydney) damit, ein Konzept zur Modernisierung des Lagerhaltungssystems zu entwickeln. 

Die Evaluation ergab, dass die Mechanik des Hauptförderbands weiterhin in einem verwendbaren Zustand war, jedoch das Steuerungssystem ersetzt werden musste. Dazu Lucky Thommadura, Mitbegründer und leitender Ingenieur bei Layer Seven Automation: „Einer der Nachteile des Fördersystems war seine proprietäre Struktur. Jedes Teil musste vom Hersteller bezogen werden, was eine Anlagenerweiterung zusätzlich erschwert hätte.“ Daher wurde beschlossen, ein offenes System zu qualifizieren, das auf „Off-the-shelf“-Produkten basiert. „Dies würde eine zukunftssichere Lösung bieten und die Wartungskosten senken“, betont Lucky Thommadura. 

Ein Industrie-PC ersetzt 28 Controller 

Die ursprüngliche Anlagenkonfiguration basierte auf jeweils einem Controller und einem Barcode-Scanner für jede Verteilerstation. Das Ziel von Layer Seven Automation war eine zentralisierte Steuerungsarchitektur, um die Effizienz der Anlage zu steigern und die Kosten zu reduzieren. 

Die Barcode-Scanner an jeder Station sind zwingend erforderlich, um den Inhalt der Boxen erfassen zu können. Hier entschied sich Layer Seven Automation für Scanner, die sich über eine EtherCAT-Anschaltung konfigurieren lassen und über integrierte I/Os für einfache Steuerungsfunktionen verfügen. Die Eingänge werden z. B. zum Detektieren der Boxen über Opto-Sensoren genutzt; die Ausgänge, um die Weichen bzw. Schieber entsprechend der Zielstation zu schalten. 

Zunächst wurde eine einzelne Verteilerstation umgerüstet und deren Scanner über EtherCAT mit einem Schaltschrank-Industrie-PC C6920 von Beckhoff verbunden. Nach erfolgreichen Tests wurden sukzessive alle 28 Stationen migriert und in einer Linienstruktur (Daisy Chain) mit dem C6920 vernetzt. Dazu Lucky Thommadura, Mitbegründer und leitender Ingenieur bei Layer Seven Automation: „Die Techniker des Logistikunternehmens und auch ich waren überrascht von der Kompaktheit der Lösung, den schnellen Update-Raten des EtherCAT-Netzwerks und der Gesamtgeschwindigkeit des Controllers.“ Schließlich muss der Barcode auf der Box gescannt und über EtherCAT an den Industrie-PC weitergeleitet werden. Dort ermittelt die Applikation, ob die Weiche der entsprechenden Station geschaltet werden muss, und sendet diese Information über EtherCAT an den Barcode-Scanner zurück. „Der Industrie-PC von Beckhoff schafft die umfangreichen Berechnungen in rund 100 µs, was phänomenal schnell ist“, begeistert sich Lucky Thommadura, „und trotzdem haben wir immer noch Reserven.“  

Auch wenn es bisher noch keinen Netzwerkausfall gab, kann Unachtsamkeit schnell einen Kabelbruch und damit einen Ausfall des gesamten Systems verursachen. Solch ein Shutdown hätte insbesondere in solch in einer weitläufigen Logistikinstallation erheblichen Einfluss auf die Produktivität. Daher gibt es konkrete Pläne, die bei EtherCAT einfach nachzurüstende Kabelredundanz zu implementieren. 

Engineering mit IT-Methoden  

Das Engineering-Team von Layer Seven Automation verfügt über umfangreiche Erfahrungen im allgemeinen Software- und Computing-Bereich, z. B. beim Aufbau von Datenbanken oder der Erstellung von Web-Servern. Bis zu dem Projekt waren Lucky Thommadura und sein Team allerdings noch nicht mit der Automatisierungswelt in Berührung gekommen: „Wir wussten, dass all das für uns neu sein würde. Als ich aber entdeckte, wie EtherCAT funktioniert, was ein Industrie-PC ist und wie einfach wir Windows mit einer virtuellen SPS kombinieren können, ergab alles Sinn. Insbesondere die virtuelle Maschine ermöglichte es mir, das Programm per Laptop von zu Hause aus, bei der Arbeit oder vor Ort zu testen.“ Dass TwinCAT in Visual Studio integriert ist, war ein weiterer Aspekt für den leitenden Ingenieur, in Beckhoff und EtherCAT zu investieren. „Ich glaube wirklich, dass dies der Weg ist, den die Automatisierungstechnik einschlagen muss – weg von geschlossenen Systemen mit Kontaktplan-Programmierung und einer veralteten Signalverarbeitung. Wir müssen die etablierten Praktiken für Software-Design und -Architektur übernehmen und mit automatisiertem Testen kombinieren, damit wir unsere Lösungen effektiver bereitstellen können“, fügt Lucky Thommadura hinzu. 

PC-based Control: sicher, offen und flexibel 

Ein großer Vorteil von PC-based Control liegt laut Layer Seven Automation darin, dass sich die Steuerungsarchitektur einfach in bestehende IT-Systeme integrieren lässt. Das war für Lucky Thommadura eine weitere angenehme Überraschung: „Viele IT-Abteilungen haben sehr strenge Sicherheitsanforderungen; Windows lässt sich aber immer leicht integrieren. Die Firewall, die Sicherheitseinstellungen sowie die globale Benutzerverwaltung haben uns die Arbeit hier erheblich erleichtert.“ Die Möglichkeit, Windows zu nutzen, hat es Layer Seven Automation auch ermöglicht, eigene Programme mit TwinCAT zu kombinieren: Beispielsweise wurde über TwinCAT 3 Database Server (TF6420) eine SQL-Datenbank integriert, die bei jedem Scan einer Box deren Details archiviert. Diese Aktion wird dauerhaft im  
TwinCAT 3 EventLogger aufgezeichnet und protokolliert. Zudem wurde ein dediziertes Message-Queue-System erstellt, welches das ADS-Protokoll verwendet, um Daten zu extrahieren und schließlich mit der Message Broker Software RabbitMQ zu verknüpfen. „Die ADS-Technologie von Beckhoff bietet nahezu ­unbegrenzte Möglichkeiten. Wir nutzen ADS, um die erfassten Datenmassen zu sammeln und sie sowohl horizontal als auch vertikal zu verteilen. Zudem lässt sich darüber problemlos fast jedes MES- oder ERP-System anbinden“, fügt Lucky Thommadura hinzu. 

Autor: Stefan Ziegler, Editorial Management PR, Beckhoff Automation 

Bilder: Beckhoff Automation GmbH & Co. KG 

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