Künstliche Intelligenz

Wo sie wirklich Mehrwert schafft

Wo sie wirklich Mehrwert schafft

KI bietet großes Potenzial für die Intralogistik. Doch nicht überall ist KI sinnvoll. Unternehmen sollten gezielt analysieren, wo der Einsatz Mehrwert schafft. Ein pragmatischer Ansatz, der bewährte Prozesse mit KI kombiniert, ist der Schlüssel zur Effizienzsteigerung, weiß Falk Gerpott, Sales Engineer bei Vanderlande Industries GmbH & Co. KG. 

Über den Begriff der Künstlichen Intelligenz (KI) und deren Umfang ist man sich noch nicht wirklich einig. In der wissenschaftlichen Literatur existiert eine Vielzahl von Erklärungsversuchen. Ertel (2016, S. 1 ff.) diskutiert verschiedene Begriffsbestimmungen, die sich im Laufe der Forschungsgeschichte entwickelt haben. Eine Definition, die uns hilft, den dahinterliegenden Leitgedanken für KI zu verfolgen, stammt von Rich (1983, S. 2): „Artificial Intelligence is the study of how to make computers do things at which, at the moment, people are better.“ 

Sinngemäß bedeutet dies, dass sich die KI-Forschung mit der Frage befasst, wie Computer Aufgaben übernehmen können, die bislang Menschen besser beherrschen. Dieser Ansatz verdeutlicht, dass KI nicht als starres Konzept zu verstehen ist, sondern als ein sich stetig weiterentwickelndes Feld, das darauf abzielt, menschliche kognitive Fähigkeiten durch Maschinen nachzubilden oder zu erweitern. 

Ein pragmatischer Ansatz, der bewährte Prozesse mit intelligenten Systemen kombiniert, ist also der Schlüssel zu einer wirtschaftlich sinnvollen KI-Integration in der Intralogistik. Doch wie viel KI ist wirklich erforderlich – und wo ist ihr Einsatz sinnvoll? 

Potenziale von KI in der Intralogistik 

Optimierung von Lager- und Bestandsmanagement: KI-gestützte Algorithmen analysieren Echtzeitdaten aus Lagerverwaltungssystemen und helfen, Lagerbestände dynamisch zu optimieren. Predictive Analytics ermöglicht präzisere Bedarfsprognosen, reduziert Lagerkosten und verbessert die Verfügbarkeit. 

Automatisierte Materialflusssteuerung: Der Einsatz von KI in Warehouse-Management-Systemen (WMS) ermöglicht eine adaptive Steuerung von Transport- und Kommissionierprozessen. Autonome mobile Roboter (AMR) und fahrerlose Transportsysteme (FTS) können KI-gestützt Routen in Echtzeit anpassen und Engpässe vermeiden. 

Visuelle Inspektion und Qualitätssicherung: Mit KI-gestützter Bildverarbeitung lassen sich Warenströme überwachen, Beschädigungen automatisch erkennen und Sortierprozesse optimieren. Dies reduziert manuelle Prüfaufwände und steigert die Qualitätssicherung. 

Präventive Wartung (Predictive Maintenance): Durch Machine-Learning-Modelle lassen sich Anomalien in Maschinen- und Sensordaten frühzeitig identifizieren. So können Wartungsintervalle optimiert und ungeplante Ausfälle vermieden werden. 

Dynamische Personal- und Ressourcenplanung: KI-gestützte Systeme können Arbeitskräfteplanung und Ressourcenzuweisung anhand historischer Daten und Echtzeitinformationen dynamisch anpassen. In Stoßzeiten lassen sich so Personalengpässe vermeiden. 

Wo ist der Einsatz von KI sinnvoll – und wo nicht? 

Obwohl KI enormes Potenzial bietet, ist sie nicht in jedem Bereich notwendig. Unternehmen sollten vor einer Implementierung klare Ziele definieren und Kosten-Nutzen-Analysen durchführen. 

Sinnvoll ist KI dort, wo große Datenmengen vorhanden sind, und schnelle, adaptive Entscheidungen wo große Datenmengen vorhanden und schnelle, adaptive Entscheidungen gefordert sind. Dazu zählen beispielsweise die Materialflusssteuerung, Bestandsprognosen und vorausschauende Wartung, insbesondere in durchsatzstarken Systemen mit hoher Variantenvielfalt. 

Weniger sinnvoll ist der KI-Einsatz da, wo bewährte regelbasierte Systeme bereits gute Ergebnisse liefern – etwa bei einfachen Lagerstrategien oder standardisierten Fördertechnikprozessen. 

Herausfordernd ist KI dort, wo Datenqualität und Systemintegration problematisch sind. Ohne eine solide Datenbasis bleiben viele KI-Modelle ineffektiv. 

Ausfallzeiten vermeiden 

Bei Vanderlande setzen wir an vielen Stellen schon Künstliche Intelligenz ein. Anfänglich produktbasiert und in der Objekterkennung, z. B. bei den von uns eingesetzten Pickrobotern. In einem anderen Einsatzbereich überwacht nun die KI im Rahmen von Predictive Maintenance den Anlagenbetrieb, und das sind keine theoretischen Modelle; wir haben diese im Einsatz und messbare Ergebnisse. Die KI antizipiert, wie das System mit plötzlichen, unvorhersehbaren Störungen umgehen könnte. Wir haben damit bei Anlagen innerhalb kürzester Zeit die Ausfallzeiten um 25 % reduzieren können. Die KI erkennt bereits mit einer Genauigkeit von 80 %, bevorstehende Ausfälle an Systemteilen. Das Bemerkenswerte ist hier die Schnelligkeit, mit der wir handeln können. Wir verwenden Techniken des maschinellen Lernens, wie z. B. Long short-term Memory Network-Modelle. Diese Methode hilft uns u. a. dabei, Prozesseinblicke durch eine „Anomalie-Zeitleiste“ zu visualisieren und unser Verständnis sowohl für den Zustand der Maschine als auch für den Betrieb zu verbessern. Und daraus entwickeln sich inzwischen operative Steuerungshilfen, die den Gesamtprozess innerhalb komplexer intralogistischer Systeme unterstützen. 

KI mit Augenmaß einsetzen 

KI ist kein Selbstzweck, sondern ein Werkzeug zur Effizienzsteigerung. Die Intralogistik braucht nicht „so viel KI wie möglich“, sondern gezielte Anwendungen mit klarem Mehrwert. Unternehmen sollten den Einsatz von KI strategisch planen, Pilotprojekte durchführen und iterative Verbesserungen vornehmen, um die Technologie optimal zu nutzen. Ein pragmatischer Ansatz, der bewährte Prozesse mit intelligenten Systemen kombiniert, ist der Schlüssel zu einer wirtschaftlich sinnvollen KI-Integration in der Intralogistik. 

 

Literatur: Ertel, W. (2016): Grundkurs Künstliche Intelligenz. Eine praxisorientierte Einführung. 4. Auflage. Wiesbaden: Springer Vieweg. Rich, E. (1983): Artificial intelligence. New York: McGraw-Hill. 

Bild: Falk Gerpott, Sales Engineer bei Vanderlande Industries GmbH & Co. KG 

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