Winkelsensoren
Kontaktlose Messtechnik für den Tänzerarm
Zu den Funktionsprinzipien, die häufig zur kontaktlosen Winkelerfassung eingesetzt werden, gehören magnetische Verfahren, zum Beispiel Sensoren, die den Hall-Effekt nutzen. Sie liefern absolute Messwerte, arbeiten unter rauen Umgebungsbedingungen zuverlässig und lassen im Hinblick auf die Kommunikationsfähigkeit kaum Wünsche offen. Im Vergleich zu anderen Verfahren haben sie ein günstiges Preis-/Leistungsverhältnis und eignen sich dadurch für zahllose mobile Applikationen ebenso wie für den Anlagen- und Maschinenbau. Einen typischen Anwendungsbereich haben solche magnetische Winkelsensoren zum Beispiel bei der Fertigung von Bewehrungsstahlbügeln für Stahlbeton gefunden. Hier sorgen sie für die Positionserfassung des Tänzerarms, wodurch die Abspulgeschwindigkeit des Coils in Echtzeit mit dem Materialbedarf der Biegemaschine synchronisiert werden kann.
Als Verbundwerkstoff aus Stahl und Beton ist Stahlbeton sowohl druck- als auch zugfest und findet seine typischen Einsatzgebiete deshalb vor allem im Brücken- und Tunnelbau, beim Bau von Fundamenten, Ringankern oder Stützwänden. Außerdem ist Stahlbeton der Baustoff für die Skelettbau-Tragkonstruktionen von Gewerbebauten und Hochhäusern. Seine Festigkeit verdankt er dem eingelegten Bewehrungsstahl. Die Stahlbügel oder Matten können unterschiedliche Formen und Größen haben und werden so dem jeweiligen Einsatzbereich angepasst.
Bügelbiegeautomaten für Bewehrungsstahl
Die in Bitburg ansässige PEDAX GmbH gilt als Spezialist für Anlagen zur Bearbeitung von Bewehrungsstahl (vgl. Firmenkasten). Das Unternehmen bietet ein breites Spektrum an unterschiedlichen Maschinen und Anlagen an. So ermöglichen zum Beispiel die Bügelbiegeautomaten Twinmaster und Twinmaster DB Neo je nach Ausführung die Produktion von Bügeln und Stangen nach Maß in einem Durchmesserbereich von 5 bis 16 mm (Bild 1) und bis zu 12m Länge. Durch zahlreiche Optionsmöglichkeiten lässt sich die Anlage modular an die jeweiligen Kundenbedürfnisse anpassen.
„Bei den Bügelbiegeautomaten, die auf Coils aufgespulten Stahldraht verarbeiten, muss sichergestellt sein, dass der Maschine zu jedem Zeitpunkt ausreichend Draht zugeführt wird, ohne ein durch zu schnelles Abspulen mögliches Verknoten und einen daraus resultierenden Materialstau zu riskieren“, erklärt Martin Heyen (Bild 2); Projektingenieur bei PEDAX. „Die Coils stehen auf Abwicklungsstationen (Haspeln), die mit einem federvorgespannten Tänzerarm versehen sind, der die nötige Drahtspannung aufrecht erhält, ohne jedoch das Einziehen durch die Maschine zu behindern.“ Je nach Maschinenauslegungen können bis zu zehn Haspeln an einen Bügelbiegeautomaten angeschlossen werden und diesen mit den gewünschten Drahtdurchmessern versorgen. An jeder Haspel ist zur Lageerkennung des Tänzerarms unten am Drehpunkt ein magnetischer Winkelsensor angebracht (Bild 3), dessen Ausgangssignal den Motor der Haspel schneller oder langsamer drehen lässt. Den passenden Sensor fanden die Maschinenbauer im Programm des Sensorikspezialisten Novotechnik (vgl. Firmenkasten).
Robuster Sensor mit M12-Steckverbinder
Für die Auswahl des Sensors aus der Baureihe RFC-4800, der nach dem Hall-Prinzip arbeitet (vgl. Technikkasten), sprachen gleich mehrere Gründe: Sensorelement und positionsgebender Magnet sind konstruktiv voneinander getrennt. Da die Sensoren kontaktlos und ohne bewegliche Teile arbeiten, gibt es keinen mechanischen Verschleiß; lediglich der Positionsgeber bewegt sich. Durch diese Konstruktion vereinfacht sich auch die Montage, denn der Sensor kann bis zu 5 mm entfernt zum Positionsgeber montiert werden. Da der Arbeitsabstand variabel ist, sind applikationsbedingte Einbautoleranzen unproblematisch. Am Tänzerarm der Haspel wird der Positionsgeber einfach mit einem Gewindestift auf der Welle geklemmt.
Eine Markierung am Positionsgeber zeigt die richtige Ausrichtung zum Sensor. Dessen Gehäuse besteht aus hochwertigem und temperaturbeständigem Kunststoff. Befestigungslaschen mit Langlöchern (wahlweise Rundlöchern) ermöglichen einen einfachen Anbau und eine bequeme mechanische Justierung. Martin Heyen ergänzt: „Man braucht beim Einbau somit keine zusätzlichen Einstellvorrichtungen.“ Der Sensor inklusive Kabelabgang ist vergossen und damit unempfindlich gegen Verschmutzung. Ein industriegerechter M12-Steckverbinder erleichtert die Montage. Für die elektrische Verbindung sind aber auch viele andere Optionen möglich. Der Messwert wird beim Einsatz in der Haspelt als analoges Spannungssignal ausgegeben.
Ein Sensor, viele Anwendungsbereiche
Prinzipiell haben Anwender bei den Schnittstellen viele andere Möglichkeiten. Die Messwerte können nicht nur als analoge Strom- bzw. Spannungssignale, sondern auch digital ausgegeben werden, z.B. über CANopen und CAN SAE J1939, IO-Link, SSI oder SPI. Als Ausgangssignale liefern die Sensoren absolute Messwerte, die sie mit einer Auflösung von 12 bis 14 Bit zur Verfügung stellen. Die (unabhängige) Linearität liegt bei typisch +/- 0,3 %, was eine präzise Winkelerfassung in vielen Anwendungen ermöglicht. Für die Lageerkennung des Tänzerarms bei den Bügelmaschinen beträgt der Messbereich 60 Grad, es sind aber auch Messbereiche bis 360 Grad möglich. „Die Sensoren haben wir jetzt seit 2020 im Einsatz und sie haben sich im praktischen Betrieb bewährt. Von unseren Kunden bekommen wir durchweg positives Feedback“, freut sich Martin Heyen.
Auch viele weitere Anwendungsbereiche können von der Zuverlässigkeit, der einfachen Montage und der Robustheit der Winkelsensoren profitieren. So sind sie als Einkanal- oder Mehrkanalversionen mit redundantem Ausgang erhältlich. Auch die Positionsgeber gibt es in vielen unterschiedlichen Varianten, um unterschiedlichste Einbaubedingungen abdecken zu können. Harte Umgebungsbedingungen wie beim Außeneinsatz sind für die Winkelsensoren kein Problem. Sie erfüllen serienmäßig die Anforderungen der Schutzart IP67 und IP69 und arbeiten bei Umgebungstemperaturen zwischen -40 °C und +105 °C zuverlässig. Neben industriellen Applikationen erschließt sich ihnen auch in mobilen Anwendungen ein breites Einsatzfeld. Schließlich verkraften sie Schwingungen und Vibrationen bis 2.000 Hz und Stöße bis 50 g (6 ms, gemäß IEC 60068-2-27) und sind in redundanter Ausführung auch für sicherheitsrelevante Anwendungen nach EN ISO 13849 geeignet.
Autoren: Dipl.-Ing. Stefan Sester, Leiter technischer Vertrieb bei Novotechnik und Ellen-Christine Reiff, M.A., Redaktionsbüro Stutensee
Bilder: Pedax, Novotechnik