Messtechnik

Das volle Potenzial von Messdaten nutzen

Das volle Potenzial von Messdaten nutzen

Produzierende Unternehmen stehen durch steigende Komplexität und Prozessgeschwindigkeit vor großen Herausforderungen. Abteilungsübergreifende Synergien bleiben oft ungenutzt, da Prozesse schwer analysiert werden. Eine gemeinsame Digitalisierungsstrategie und die effektive Nutzung von Messdaten sind entscheidend, um diese Hürden zu meistern. 

Zunehmende Komplexität und Prozessgeschwindigkeit stellen produzierende Unternehmen vor große Herausforderungen: So lassen sich die ablaufenden Prozesse nicht nur deutlich schwerer analysieren, aufrechterhalten und optimieren, auch die reibungslose Kooperation zwischen den verschiedenen Fachabteilungen wird immer anspruchsvoller: Da unterschiedliche Unternehmensbereiche – etwa Instandhaltung, Produktion, Technologie und Qualitätswesen – unterschiedliche Abläufe verfolgen, bleiben Synergiepotenziale häufig ungenutzt. Diese können erst gehoben werden, wenn Mitarbeiter eine gemeinsamen Gesprächsbasis finden. Einen bewährten Ansatz bieten hierbei die Aufzeichnung und Analyse von Prozessdaten, allerdings erfordert dieser Schritt auch die Einführung und Umsetzung einer einheitlichen und ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie:  

Messdaten dürfen weder einzelnen Abteilung gehören noch nur zu einem Zweck aufgezeichnet und in abteilungsinternen Daten-Silos versteckt werden. Stattdessen müssen sie den ganzen Prozess abdecken und abteilungsübergreifend genutzt werden.  

Hochaufgelöst und umfänglich: Anforderungen an Messdaten  

Eine wesentliche Voraussetzung hierfür wird mit der Art der Erfassung geschaffen: Nur wenn Daten als hochaufgelöste Rohwerte und nicht voraggregiert aufgezeichnet werden, lassen sich Kennwerte flexibel nach anwender- und aufgabenspezifischen Aspekten berechnen und anschließend miteinander in Beziehung setzen. Um die Ursachen auffälliger Verhaltensmuster jedoch ohne Informationsverlust analysieren zu können und so das Prozessverständnis zu verbessern, dürfen die hochaufgelöst aufgezeichneten Rohdaten nicht verloren gehen, sondern müssen von den Kennwerten aus per Drill-down unkompliziert und schnell erreichbar sein. Mit dieser Maßnahme wird eine unternehmensweite und einheitliche Datenbasis geschaffen, was die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit verbessert.  

Damit bei Einführung der Digitalisierungsstrategie alle Fachbereiche zusammenarbeiten können, ist es zudem notwendig, den gesamten Prozess zu erfassen. Einzelne Messdaten, wie beispielsweise Schwingungs- oder Energiedaten, dürfen nicht gesondert aufgezeichnet werden, sondern müssen in einer gemeinsamen Datenbasis mit allen anderen Prozessdaten zur Verfügung stehen. Auf diese Weise lassen sich Korrelationen zwischen Produktion, Prozess und verschleißbehafteten Effekten erkennen – für spätere Optimierungsmaßnahmen ist dies von großer Bedeutung. 

Prozesskonnektivität als wichtiger Baustein 

Die Heterogenität der Automatisierungskomponenten innerhalb produzierender Anlagen stellt Messsysteme dabei vor eine große Herausforderung: Je komplexer die ablaufenden Prozesse aufgebaut sind, desto größer ist die Zahl der miteinander interagierenden Signalquellen und Automatisierungssysteme. Neben speicherprogrammierbaren Steuerungen, Sensoren und Bus-Monitoren können auch Kameras als Datenquelle eingesetzt werden. Gerade wenn für wichtige Prozessgrößen keine Sensorik zur Verfügung steht oder diese aus z. B. Platzgründen nicht verbaut werden kann, liefern zeitsynchrone Videodaten wertvolle Informationen. Die umfassende Prozesskonnektivität ist daher ein wichtiger Baustein eines leistungsfähigen Messsystems: Sämtliche Daten lassen sich somit – ungeachtet von Hersteller, Gerätegeneration oder Datenformat – isochron und hochaufgelöst erfassen. Anwender bietet sich somit eine globale und rückwirkungsfreie Sicht auf den technischen Prozess. 

Langzeit-Datenaufzeichnung und Auswertung 

Um Messdaten auch über einen langen Zeitraum hinweg analysieren und somit Trends erkennen oder Qualitätsanforderungen nachweisen zu können, müssen diese effizient persistiert werden. Dies erfolgt in einem historischen Datenserver, event-getriggert oder zeitbezogen. Die getriggerte Datenaufzeichnung eignet sich etwa, wenn in einer Messdatei nur die zu einem Werkstück gehörenden Signale erfasst werden sollen. Die Start- und Stoppbedingungen sind dabei individuell einstellbar und können direkt aus den aufgezeichneten Signalen abgeleitet werden. Dies erleichtert die produktbezogene Auswertung und sorgt für eine bessere Vergleichbarkeit gleicher oder ähnlicher Produkte. Große Datenbestände können interaktiv durchsucht und analysiert sowie für die Kennwertbildung und die Generierung von Reports herangezogen werden.  

Die eigentliche Wertschöpfungssteigerung wird dann durch die Auswertung der Messdaten erzielt. Mit Berücksichtigung der beschriebenen Methoden und Verfahren zur Datenerfassung und -aufzeichnung wird gewährleistet, dass die Messdaten von verschiedenen Anwendergruppen wie Instandhaltern, Prozesstechnologen, Produktions- und Qualitätsmanager sowie Data Analysten gleichermaßen genutzt werden können. Neben der interaktiven Offline-Auswertung und der Berechnung von Kennwerten zur Abstraktion, Bewertung und Dokumentation des Prozesses nimmt die automatisierte Echtzeit-Auswertung zur frühzeitigen Erkennung von Abweichungen zur proaktiven Instandhaltung eine immer größere Rolle ein. 

Automatische Online-Auswertung 

Mit der automatischen Online-Auswertung können Prozessfehler frühzeitig zu erkannt und vermieden oder die Produktqualität erhöht werden. Diese Art der Auswertung wird auch als Edge Analytics bezeichnet, da die Messdaten zwischen dem Produktions- und dem IT-Netzwerk verarbeitet werden. Eben genau da, wo die Daten entstehen. 

Beispiele hierfür sind Grenzwertüberprüfungen mit entsprechender Alarmierung bei Über- oder Unterschreitungen, Machine-Vision-Applikationen, die nummerische Werte, Texte oder klassifizierende Informationen wie „Material vorhanden/nicht vorhanden“ aus Videodaten extrahieren oder Online-Frequenzanalysen zur Schwingungsüberwachung. Auch das Time-Synchronous-Averaging-Verfahren (TSA), welches einen Prozess basierend auf schon erfassten Messsignalen (Temperatur, Druck oder Motorstrom) überwacht, ist denkbar. Beim TSA können, basierend auf dem Signalverlauf, sowohl sich langsam abzeichnende Prozessabweichungen, beispielsweise durch Verschleiß, als auch sporadisch auftretende Anomalien frühzeitig erkannt und Auswirkungen auf die Produktqualität und den Maschinenzustand zuverlässig prognostiziert werden (siehe Bild unten). Das Prozessverhalten kann dabei für unterschiedliche Prozessbedingungen mit der Methode Auto-Adapting automatisch gelernt werden. 

Gemeinsam genutzte Messdaten 

Der Schlüssel zur Wertschöpfungssteigerung durch die Digitalisierung liegt in der mehrfachen und gemeinsamen Nutzung der Messdaten. Erst wenn die Digitalisierungsstrategie von allen Abteilungen gemeinsam durchgeführt wird, können abteilungsübergreifende Synergien erzielt werden. Notwendig hierzu ist eine geeignete Tool-Unterstützung, wie sie das iba-System bietet. Dies sorgt dafür, dass der Zugriff auf die Daten einfach und intuitiv möglich ist und die Auswertung von den einzelnen Anwendergruppen anwenderspezifisch durchgeführt werden kann. 

Bilder: iba AG 

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