Themenbereich Prüftechnik
Dem Magnetismus auf der Spur
Welche sind die gebräuchlichsten Messverfahren für die magnetischen Eigenschaften von Dauermagneten? Und welche Vorteile und Grenzen gibt es? Der Fokus der Betrachtungen liegt auf produktionsnahen Verfahren und Geräten, die bei der Wareneingangs- oder Warenausgangsprüfung beziehungsweise bei In-Line Prüfungen benutzt werden können.
Ein Dauermagnet, oft auch Permanentmagnet genannt, ist ein Magnet, der seine magnetische Wirkung dauerhaft (permanent) ohne Energiezufuhr aufrechterhalten kann. Dauermagnete besitzen an ihrer Oberfläche je einen oder mehrere Nord- und Südpole. Ihr Anwendungsbereich ist äußerst breit. Sie sind u. a. in der Automobilindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Akustik, der Telekommunikation oder der Energieerzeugung unverzichtbar geworden. Physikalisch gesehen ist ein Dauermagnet ein metastabiles System. Schwankungen bei der chemischen Zusammensetzung und bei der Verarbeitung können zu Schwankungen der magnetischen Eigenschaften führen. Um die optimale Leistung für die jeweilige Anwendung zu erzielen, ist daher eine sorgfältige Kontrolle der unbearbeiteten Teile und der fertig bearbeiteten Magnete unverzichtbar.
Dauermagnete sind überall
Aufgrund ihrer starken Magnetkräfte sind die Einsatzmöglichkeiten so vielfältig wie die Magnete selbst. Von der Industrie über den Haushalt bis hin zur Technik und zum Bauwesen – überall finden sich Einsatzbeispiele für Dauermagnete. Häufig werden sie in der Elektronik und in der Industrie eingesetzt - beispielsweise in Motoren, Generatoren oder Sensoren. Auch in Haushaltsgeräten wie Staubsaugern oder Kühlschränken finden sich Dauermagnete. Permanentmagnete gibt es in unterschiedlichen Ausführungen und Größen. Sie können unter anderem als Ringmagnete, Scheibenmagnete, Quadermagnete oder Stabmagnete hergestellt werden. Dauermagnete werden heute mithilfe spezieller Legierungen aus Metallen wie z. B. Eisen (Fe), Nickel (Ni) und Aluminium (Al) mit Zusätzen aus Kobalt (Co), Mangan (Mn) und Kupfer (Cu) hergestellt. Trotz der Vielzahl an Werkstoffe haben sich aus anwendungstechnischen und preislichen Gründen nur drei Werkstoffgruppen durchgesetzt: keramische Magnete z. B. Hartferrite, metallische Magnete, z. B. AlNiCo und kunststoff- bzw. gummigebundene Magnete. Durch das Sinterverfahren werden besonders starke Dauermagnete, wie z. B. Neodym-Eisen-Bor (NdFeB) und Samarium-Cobalt (SmCo) hergestellt. Diese Stoffe (Neodym und Samarium) gehören zu den sogenannten Seltenerdmetallen. Das Element Neodym besitzt dabei die stärkste magnetische Kraft aller bekannten Materialien und einer der am häufigsten verwendeten Permanentmagneten. Das Sinterfahren jedoch begrenzt die Formflexibilität des Magnets und spritzgegossene, kunststoffgebundene Magnete bieten eine hohe Freiheit bei der Magnetgeometrie, wenn auch bei etwas abgeschwächter magnetischen Eigenschaften.
Steigende Anforderungen am Mess- und Prüftechnik
Im Bereich der Sensorik steigen die Anforderungen an die Genauigkeit von magnetischen Messsystemen, bestehend aus Magnetsensoren und Dauermagneten als Maßverkörperung, stetig. Drehgeber oder Motor-Feedback-Systeme müssen eine immer höhere Präzision leisten für eine genauere Positionierung oder einen besseren Wirkungsgrad und geringere Drehmoment-Rippel. Bei Magneten für Elektromotoren ist es ähnlich. Die Gleichmäßigkeit und Richtung der Magnetisierung bei Segmentmagneten hat einen großen Einfluss auf das Geräusch- und Schwingungsverhalten (NVH), was insbesondere im Fahrzeugbereich eine Rolle spielt.
Diese Anforderungen stellen neue Ansprüche nicht nur an die eingesetzten Sensoren, sondern auch an die verwendeten Magnete und folge dessen an die eingesetzte Messtechnik bei Wareneingangs- und Warenausgangsprüfungen entlang der Wertschöpfungskette. Bei der Wahl des Messverfahrens müssen mehrere Faktoren berücksichtigt werden. Für die Entwicklung und Prüfung unter Laborbedingungen erhöhen Geräte mit verbesserter Genauigkeit die Größenordnung der Genauigkeit. Für die Seriencharakterisierung sind zerstörungsfreie Messverfahren wirtschaftlicher und werden eher eingesetzt. Bei der Qualitätskontrolle in der Massenproduktion sind wirtschaftliche Faktoren (d. h. die Kosten als eine Funktion von Durchsatz und Messzeit pro Magnet) und die erforderliche Genauigkeit ausschlaggebend. Auf Basis der relativen Bedeutung dieser Faktoren während des Lebenszyklus des Produktes kommen sehr unterschiedliche Verfahren und Geräte zum Einsatz.
In frühen Entwicklungsphasen, wo es primär um Materialforschungsaufgaben geht, werden häufig Vibrationsmagnetometer (VSM: vibrating sample magnetometer) benutzt. Es handelt sich dabei um ein Magnetometer zur Bestimmung magnetischer Eigenschaften (z. B. des magnetischen Moments) einer Probe. Die zu untersuchende Probe wird in periodische Schwingungen versetzt und die so induzierte Spannung gemessen.
Für die Messung der magnetischen Feldstärke und der magnetischen Induktion ist ein Flussdichtemessgerät bzw. Feldstärkenmessgerät mit Hallsonde üblich. Die Verwendung von Helmholtzspulen zur Messung der Remanenz in offenen Kreisen und des magnetischen Moments macht dieses Gerät in Laboren und bei der Eingangskontrolle von Magneten allgegenwärtig. Wenn die Homogenität und die 3D-Komponenten des Magnetfelds erfasst werden müssen, kommen 3D-Magnetmapper zum Einsatz. Solche Geräte jedoch sind eher für der Laboreinsatz konzipiert und sollen unter eng kontrollierten Umgebungsbedingungen eingesetzt werden. Bei produktionsnahen Messungen geht es eher um Robustheit, Flexibilität und Wirtschaftlichkeit, was zum Einsatz anderer Messgerätetypen führt.
Flussdichtemessgeräte für produktionsnahe Prüfungen
Die Messung magnetischer Größen geht fast immer auf die Messung eines magnetischen Flusses zurück. Daher ist ein Flussdichtemessgerät (engl. Fluxmeter) das vielseitigste Messgerät in der Magnettechnik. Um die besonderen Anforderungen von produktionsnahen magnetischen Messungen zu erfüllen, hat die Elsoma GmbH mit Sitz in Schwerte sich spezialisiert auf die Entwicklung von Flussdichtemessgeräten für stationäre und winkelbasierte Messungen. Beispielhaft ist das Elsoma C10, ein modulares Gerät, das eine Vielzahl von Messaufgaben im Produktionsumfeld erledigt. Bei scheibenförmigen oder rechteckigen Dipolmagneten, wie sie sehr oft für on- und off-axis-Winkelmessung oder für Schaltvorgänge eingesetzt werden, können Werkstoff-Inhomogenitäten oder Fertigungsfehler zu einer asymmetrischen Magnetisierung oder zu inhomogenem Magnetfeldverlauf führen. Mit dem C10 Flussdichte-Messgerät werden solche Fehler deutlich schneller erfasst als bei bisherigen Lösungen, wie z. B. Helmholtz-Spulen. Diese tragbare Lösung ist flexibel einsetzbar für Wareneingangs- und Warenausgangsprüfungen sowie im Servicebereich. Es lässt sich mühelos in Montage- oder Messzellen sowie automatisierte Fertigungsanlagen integrieren mittels Ethernet- und USB-Schnittstellen sowie optionalem digitalem E/A-Interface. Der Konfiguration ist sehr bedienerfreundlich und die Auswertung der Messergebnisse erfolgt mittels Webinterface. Das zu prüfende axial- oder radial-magnetisierte Bauteil wird dabei typischerweise in eine spezifische Vorrichtung eingelegt. Ein spezieller, hochempfindlicher und präziser 3D-Sensorchip erfasst alle drei magnetischen Feldkomponenten mit nur einer Messung. Das Messgerät stellt dem Anwender sowohl die Flussdichtekomponenten als auch die Raumwinkel des Flussdichtevektors zur Verfügung. Damit werden magnetische Fehlwinkel an Magneten schnell und präzise überprüft. Ein Browser User Interface unterstützt die schnelle Konfiguration des Geräts sowie die Visualisierung von Messergebnissen. Ein interner Datenspeicher vereinfacht die Überwachung von Messreihen zur Qualitätssicherung oder Wareneingangskontrollen. Zur Erweiterung stehen weitere axiale und transversale Mess-Sonden zur Wahl, um Flussdichten im Bereich 10 µT bis 5 T mit einer Auflösung bis 1 µT und einem Messfehler < 1 % zu erfassen.
Der Bedarf an magnetischen Winkelmess-Systemen bzw. magnetischen Drehgebern nimmt kontinuierlich zu, d. h. auch der Bedarf an schneller, präziser Messtechnik zur Überprüfung und Sicherung der Qualität der eingesetzten zwei- und mehrpoligen Ring- und Zylindermagneten steigt. Dabei geht es um die präzise, produktive und kosteneffektive Erfassung der Flussdichte des Magnetfelds an mehreren kodierten Spuren. Hier kommt das CE-gekennzeichnete Flussdichtemessgerät Elsoma A05 für winkelbasierte Messungen zum Einsatz. Es verfügt über einen speziellen, hochempfindlichen präzisen 3D-Sensorchip zur Erfassung aller drei magnetischer Feldkomponenten mit nur einer Messung. Der zu prüfende Magnet wird mittels Wechselaufnahme auf einer Antriebswelle mit spielfreier vorgespannter Lagerung aufgenommen. Diese Welle wird mittels Zahnriemen angetrieben, um einen eventuellen Störfeldeinfluss des Motors zu vermeiden. Der Drehwinkel der Welle wird mittels hochauflösendem optischen Winkelmesssystem als Referenzmesssystem erfasst. Der werkskalibrierte 3D-Hall-Sensor misst die Flussdichte mit einer Auflösung von 10 µT und einer Messunsicherheit von kleiner ± 1,25 %. Individuelle Softwarelösungen zur Auswertung der Messergebnisse und kundenspezifische Anpassungen sind jederzeit möglich. Das Gerät ist flexibel bei Wareneingangs- oder Warenausgangsprüfungen einsetzbar und erstellt Messprotokolle gemäß der neuen DIN SPEC 91411 „Anforderungen an die technische Darstellung von magnetischen Maßverkörperungen in Konstruktionszeichnungen“. Dabei sind Messgrößen wie Pollängen- oder Pollageabweichungen neben Flussdichteabweichungen mess- und darstellbar.
Die C10 und A05 Flussdichte-Messgeräte sind geeignet für Messaufgaben in folgenden Anwendungsbereichen:
- Magnethersteller
- Magnetanwender
- Drehgeberhersteller
- Sensorhersteller
- Motorhersteller
- Automobil-Zulieferer
Weitere Innovationen in Aussicht
Begünstigt durch den deutlich gestiegenen Bedarf an Magneten für Elektromotoren sowie für Sensoren gibt es aktuell sehr viel Innovation im Bereich der Magnettechnik. Neue magnetische Legierungen mit geringeren Anteilen (oder keine) Seltenerdwerkstoffe werden entwickelt und auch neue Fertigungsverfahren, z. B. Sputtern von hartmagnetischen Schichten, erreichen Serienreife. Last, but not least, führen neue Applikationen zu ganz neuen Anforderungen an Magneten und die damit verbundene Messtechnik. Aktuell entwickelt Elsoma eine neue Generation an noch präziseren Flussdichtemessgeräten angelehnt an die Anforderungen der neuen DIN SPEC 91479 „Charakterisierung Maßverkörperungen für magnetische Weg- und Winkelmesssysteme.
Autor: Dipl.-Ing. Bernd Böhle, Geschäftsführer Elsoma GmbH, Schwerte
Bilder: Elsoma