Qualitätssicherung

Schweißnähte unter der Lupe

Schweißnähte unter der Lupe

Schweißnähte sind entscheidend für die Stabilität vieler Konstruktionen. Doch fehlerhafte Nähte können gravierende Folgen haben. Das Forschungsprojekt AKoS setzt auf akustische Kontrolle und Künstliche Intelligenz, um Fehler frühzeitig zu erkennen – noch während des Schweißprozesses. So lassen sich Nacharbeiten reduzieren und die Qualität entscheidend verbessern. 

 

Schweißnähte sind das Rückgrat vieler industrieller Produkte. Ob im Automobilbau, im Schiffbau oder in der Luft- und Raumfahrt – überall dort, wo Metalle miteinander verbunden werden müssen, kommen Schweißverfahren zum Einsatz. Ihre Qualität entscheidet über die Lebensdauer und Sicherheit von Konstruktionen. Fehlerhafte Schweißnähte können zu Brüchen, Undichtigkeiten oder anderen Problemen führen, die im schlimmsten Fall Menschenleben gefährden können. Traditionell wird die Überprüfung der Schweißnahtqualität jedoch erst nach Abschluss des Herstellungsprozesses angewendet. Zerstörende Prüfverfahren, wie zum Beispiel Zugversuche, können die Schweißnähte zwar zuverlässig auf Fehler untersuchen, zerstören jedoch die Werkstücke. Zerstörungsfreie Prüfverfahren, wie zum Beispiel die Sichtprüfung oder die Ultraschallprüfung, sind zwar schonender, können aber Fehler oft nicht so zuverlässig erkennen und sind kostenintensiv. Dies führt oft zu einer recht späten Erkennung von Unregelmäßigkeiten, die dann durch aufwendige Nacharbeiten behoben werden müssen. Das kostet Zeit und Geld. 

Hier setzt das Forschungsprojekt “AKoS” - Akustische Kontrolle von Schweißnähten - an. Ziel des Projekts ist eine effizientere Qualitätssicherung in der Schweißtechnik. Durch Auswertung der Daten aus akustischer Kontrolle und künstlicher Intelligenz (KI) kann die Inline-Prozessüberwachung um mehr als 85 % effizienter gestaltet werden, und das bereits während des Herstellungsprozesses.  

Akustische Kontrolle als Lösung 


AKoS setzt auf die akustische Kontrolle von Schweißnähten. Dabei werden die Geräusche, die während des Schweißprozesses entstehen, mit Hilfe von Mikrofonen aufgenommen und analysiert. Jedes Schweißverfahren und jeder Fehler erzeugt dabei ein charakteristisches Geräuschmuster. Diese Muster können von einer KI-basierten Software erkannt und interpretiert werden. So können Fehler in Echtzeit erkannt werden, noch bevor die Schweißnaht fertig ist. Teure Nachbearbeitungen werden vermieden. Die Qualität der Schweißnähte wird insgesamt verbessert.  

Technische Details des Projekts 


Das AKoS-Projekt umfasst mehrere technische Komponenten und Ansätze, um die Qualitätssicherung von Schweißnähten zu optimieren: 

Akustische Prozessüberwachung: Diese Methode nutzt die Analyse von Luftschall, um Unregelmäßigkeiten während des Schweißprozesses in Echtzeit zu erkennen. Durch die Erfassung und Auswertung der akustischen Signale können Fehler wie Risse, Porositäten oder Bindefehler identifiziert werden. 

Maschinelles Lernen (ML): Ein adaptiver Lernalgorithmus wird entwickelt, der in der Lage ist, sich an verschiedene Schweißprozesse und Fehlertypen anzupassen. Dieser Algorithmus nutzt große Datenmengen, um Muster zu erkennen und Vorhersagen über die Qualität der Schweißnähte zu treffen. 

Energieeffiziente ML-Algorithmen: Die Entwicklung energieeffizienter Algorithmen ist ein weiterer Schwerpunkt des Projekts. Diese Algorithmen sollen eine schnelle und ressourcenschonende Verarbeitung der akustischen Daten ermöglichen. 

Dynamisches Framework: Ein flexibles Framework wird entwickelt, das die Integration und Orchestrierung verschiedener Messverfahren und Datenquellen ermöglicht. Dieses Framework soll es ermöglichen, die Überwachungssysteme schnell an neue Anforderungen und Bedingungen anzupassen. 

Integration weiterer Messverfahren: Neben der akustischen Überwachung werden auch andere zerstörungsfreie Prüfmethoden wie Ultraschall- und Röntgenprüfungen in das System integriert, um eine umfassende Qualitätssicherung zu gewährleisten. 

Benutzerfreundlichkeit: Ein wichtiges Ziel des Projekts ist es, die entwickelten Systeme so zu gestalten, dass sie auch von nicht spezialisierten Anwendern bedient werden können. Dies soll durch intuitive Benutzeroberflächen und automatisierte Anpassungsprozesse erreicht werden. 
 

Das System ist in der Lage, verschiedene Schweißverfahren, wie zum Beispiel MSG-Schweißen, WIG-Schweißen oder Rührreibschweißen, zu überwachen. Es können sowohl manuelle als auch automatisierte Schweißprozesse überwacht werden. 

Die Anwendungsbereiche 


Das AKoS-System kann in allen Branchen eingesetzt werden, in denen Schweißverfahren eine Rolle spielen. Besonders interessant ist das System für Unternehmen, die sicherheitskritische Bauteile herstellen, wie zum Beispiel im Automobilbau, im Schiffbau oder in der Luft- und Raumfahrt. Aber auch in anderen Branchen, in denen eine hohe Qualität der Schweißnähte gefordert wird, kann das System einen wertvollen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten. 

Technologie mit großem Potenzial 

Die akustische Kontrolle von Schweißnähten ist eine innovative Technologie mit großem Potenzial. Das AKoS-Projekt zeigt, dass sie in der Praxis erfolgreich eingesetzt werden kann. Durch diese technischen Innovationen bietet AKoS eine umfassende Lösung für die Qualitätssicherung, die sowohl effizient als auch benutzerfreundlich ist. Die Kombination von akustischer Überwachung und maschinellem Lernen ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Unregelmäßigkeiten und trägt somit zur Reduzierung von Produktionskosten und zur Verbesserung der Produktqualität bei. Die Entwicklung ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Das Entwicklungsteam aus der RRS Schilling GmbH, der Gefertec GmbH, der Jenewein Metallverarbeitung, der Technischen Universität Ilmenau, der measX GmbH, der FIT AG und dem Frauenhofer IDMT will in Zukunft weitere Messverfahren in das System integrieren, um die Qualitätssicherung noch weiter zu verbessern. Auch die Entwicklung von noch leistungsfähigeren KI-Algorithmen ist ein Ziel der Forscher. 

Autorin: Helena Leisewitz, Marketingassistent bei measX GmbH & Co. KG in Mönchengladbach 

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Fachartikel Messtechnik