Roboter
„Arm in Arm“ arbeiten
Ventilmuffen sind ein zentrales Element bei Gasflaschen: Sie ermöglichen es, Regler und Armaturen sicher und gasdicht mit der Flasche zu verbinden. Bei Alugas werden täglich rund 1000 Muffen verschweißt – seit kurzem voll automatisiert. Dafür hat der Systembauer Roland Ruegenberg aus Bad Sobernheim eine Anlage entworfen, deren Herzstück zwei Motoman-Industrieroboter von Yaskawa bilden. Sie arbeiten buchstäblich „Arm in Arm“ und übernehmen sowohl das komplette Teilehandling als auch den Schweißprozess.
Nichts weniger als „das Leben erleichtern“ will Alugas seinen Kundinnen und Kunden. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen: Auf ihre Druckbehälter für verflüssigte Gase wie Propan und Butan (LPG) schwören Camper und Grillmeisterinnen ebenso wie Staplerfahrerinnen und Handwerker. Denn die High-Tech-Gasflaschen aus Bad Sobernheim sind bis zu 50 Prozent leichter als herkömmliche Flaschen aus Stahl und damit ideal geeignet für den mobilen Einsatz, im Beruf ebenso wie im Sport- und Freizeitbereich.
Eine Schweißzelle für die Königsdisziplin
Ein wichtiges Element bei Gasflaschen sind die Ventilmuffen. Sie erfüllen zentrale Funktionen im Hinblick auf Sicherheit und Konnektivität. Alugas kombiniert derzeit vier Muffenmodelle mit drei verschieden großen Halbschalen, und bietet so ein breites Flaschensortiment für alle Anwendungen an.
Bisher wurden die Muffen in einer halbautomatischen Anlage auf die Halbschalen geschweißt. Diese war jedoch in die Jahre gekommen, sie entsprach nicht mehr dem Stand der Technik und den gestiegenen Anforderungen. Gefragt war also eine neue Schweiß-Lösung – und zwar keine „von der Stange“. Denn Aluminium hat spezielle Eigenschaften und Verhaltensweisen, unter anderem eine sehr hohe Wärmeleitfähigkeit. Das erfordert spezialisiertere Prozesse als die Verarbeitung von anderen Metallen wie beispielsweise Stahl.
Ideal geeignet für das Schweißen von Aluminium ist das WIG (Wolfram- Inertgas) -Kaltdrahtschweißen. Es erlaubt eine sehr genaue Kontrolle über die Wärmezufuhr, und ist ideal bei Anwendungen, bei denen hohe Präzision und saubere Schweißnähte wichtig sind. Allerdings: „WIG- Kaltdrahtschweißen ist die Königdisziplin beim Aluminium-Schweißen und erfordert eine genaue Temperaturführung der Werkstücke“, erklärt Dominik Sperling, Projektingenieur beim Systembauer Roland Ruegenberg GmbH. An diesen wandte sich Alugas auf der Suche nach einem Partner für die Neukonzeption und den Bau seiner maßgeschneiderten Schweißzelle.
Kunden-Anforderung: Eine Seecontainer-taugliche, kompakte Anlage Neben den verschiedenen Halbschalen-Muffen-Kombinationen hatte Alugas noch weitere Anforderungen: Eine Erweiterung des Portfolios sollte möglich sein. Und um die bestehenden Produktionsabläufe beibehalten zu können, musste eine Autonomiezeit von 30 Minuten eingehalten werden.
Eine weitere wichtige Vorgabe: Die Anlage sollte Seecontainer-tauglich sein. „Das hatte gleich zwei Gründe: Einerseits plante Alugas einen neuen Standort in Übersee, der die gleiche Anlage wie das Stammwerk bekommen sollte. Andererseits sollte die Anlage am deutschen Standort ohne großen Aufwand versetzt werden können; hier mussten wir berücksichtigen, dass einige Durchfahrten sehr eng sind“, berichtet Dominik Sperling. Auf genau solche Herausforderungen bei der Entwicklung von vollautomatischen Produktionsanlagen ist Ruegenberg spezialisiert: „Wir finden Lösungen für scheinbar unlösbare Aufgaben“, so der hohe Anspruch des Unternehmens.
Ruegenberg entwickelte eine erstaunlich kompakte Anlage. Sie enthält nicht nur zwei Schweißaufnahmen mit Vorwärmfunktion; auch der Vorprozess des Laser-Markierens der Muffen und die nachgelagerte Prüfung konnten integriert werden. Trotzdem ist die Anlage so konzipiert, dass die einzelnen Module leicht voneinander zu trennen und wieder zusammenzufügen sind – und damit problemlos in einen Seecontainer passen.
Dass alle Prozesse auf einer Fläche von nur 3 x 5 m abgebildet werden können, ist zwei Yaskawa Motoman Industrierobotern zu verdanken. Diese übernehmen das gesamte Bauteil-Handling und den Schweißprozess: „Alle relevanten Handhabungsvorgänge werden parallel zu den einzelnen Schweißvorgängen abgehandelt. So sind die Prozesse optimal ausgelastet“, erklärt Sperling.
Die Beschickung der Anlage erfolgt manuell – bei den rund 2 kg schweren Halbschalen über Rollenbänder, bei den Muffen über ein Zuführband mit Puffer. Sie werden automatisiert vereinzelt, die Muffen anschließend von einem integrierten Laser mit einem DMC-Code versehen und auf einer temperierten Staustrecke auf die erforderliche Vorwärm-Temperatur gebracht. Beim vollautomatischen Schweißvorgang übernimmt ein Yaskawa AR900 Schweißroboter die Brennerführung.
Danach wird die nun mit einer Muffe versehene Halbschale von einem Handling-Roboter Motoman GP12 zu einer Geometrieprüfstation umgesetzt. Hier werden die Schweißwurzel und Decklage geprüft, eine KI unterstützt die Porenerkennung. Am Ende werden die fertig geschweißten und geprüften Halbschalen über Rollenbahnen ausgeschleust.
Zwei Motoman-Roboter im Einsatz
Für die Konstrukteure bei Ruegenberg war der Motoman GP12 die optimale Lösung für die neue Anlage: Dank seines schlanken Armdesigns kann er auch bei sehr beengten Platzverhältnissen eingesetzt werden, und mit seinen kurzen Beschleunigungs- und Bremszeiten ist er der weltweit schnellste Industrieroboter für Traglasten bis 12 kg. Seine schnellen und hochdynamischen Servomotoren der Sigma-7-Serie aus Yaskawa-eigener Produktion sind besonders leistungsfähig und ermöglichen hochpräzise Arbeiten bei sehr hohen Taktzahlen.
„Robotik ist für uns ein nicht mehr wegzudenkendes Werkzeug in der Automatisierung“, sagt Sperling. Allerdings setzte Ruegenberg die Roboter bislang lediglich für Handhabungsprozesse ein. Mit der Anlage für Alugas betrat man nun auch beim Systembauer Neuland: Erstmals verbaute Ruegenberg einen Motoman AR900, einen kompakten 6-Achs- Schweissroboter.
Die Modelle der AR-Serie wurden speziell für die hohen Anforderungen beim Lichtbogenschweißen entwickelt. Sie gewährleisten besonders kurze Prozesszeiten, und damit hohe Effizienz und Energieersparnis – und das bei hervorragender Bahntreue und Stabilität. Bei Alugas kann der AR900 seine Flexibilität voll ausspielen: Mit seinen sechs Achsen ist er in der Lage, die Muffen rundum unterbrechungsfrei auf die Halbschalen zu schweißen.
„Der Motoman AR900 verfügt über eine integrierte Schnittstelle zur Schweißstromquelle von EWM-Schweißgeräten. Das erlaubt es uns, die Parameter und Programme entsprechend den Anforderungen steuern und die Schweißposition individuell auf jeden Schweißprozess anzupassen.
Durch das Anlegen von individuellen Programmen für die jeweilige Schweißanwendung kann die Rüstzeit enorm verringert werden“, ist Dominik Sperling begeistert.
Nicht nur der AR900 hat Sperling überzeugt, sondern auch die Zusammenarbeit mit Yaskawa: „Auf der Suche nach Robotikherstellern, die unsere Vorstellungen in die Tat umsetzen konnten, zeigte sich Yaskawa als zuverlässiger und kundenorientierter Partner, der auch mit Rat und Tat zur Seite steht.“
Output deutlich gesteigert
Überzeugt haben die neue Anlage und die beiden Roboter von Yaskawa auch die Auftraggeber von Alugas: Damit konnte das Unternehmen einen seiner Kernprozesse bei der Alugasflaschen-Herstellung modernisieren und verbessern.
Neu ist der gesamte Markier-, Schweiß- und Prüfprozess in einer modularen und kompakten Anlage abgebildet. Der vollautomatisierte Schweißprozess mit gleichbleibenden und eingeregelten Parametern garantiert konstante Qualität und Auslastung der Anlage und eine Autonomiezeit von 30 Minuten. Zudem ist ein Eingreifen der Mitarbeiter nicht mehr erforderlich, so dass die Werkerbindung verringert und das hochqualifizierte Fachpersonal an anderen Stellen im Betrieb eingesetzt werden kann.
Autor: Björn Matern, Sales Area Manager, Yaskawa Europe GmbH, Robotics Division, DE-Allershausen