Robotik

Roboter oder Portal?

Roboter oder Portal?

Mit Robotik und Lineartechnik stehen Anwendern unterschiedliche Konzepte zur Automatisierung ihrer Prozesse zur Verfügung. Wann ist der Einsatz von Mehrachssystemen  
sinnvoll, welche Aufgaben sollten besser von Robotern erledigt werden und wie profitieren Applikationen von einer Kombination beider Technologien? Rollon, Spezialist für lineare Bewegungssysteme, hat Antworten. 

Für den Automatisierungsgrad wird in der Regel die Roboterdichte als Gradmesser herangezogen. Das erscheint sinnvoll, zeichnet aber nicht das gesamte Bild. Zwar gelten Roboter nach wie vor als Automatisierungswerkzeug schlechthin, doch eine Patentlösung sind sie keineswegs. Nicht umsonst hat sich eine Vielzahl an Alternativen etabliert. So ist beispielsweise in bestimmten Anwendungsfällen eine Kombination von Linearbewegungen die bessere Wahl. „Die Automatisierung läuft auf Hochtouren und die Roboterdichte steigt kontinuierlich. Gleichzeitig beobachten wir aber auch eine wachsende Nachfrage nach Portallösungen. Wer seine Prozesse automatisieren will, sollte möglichst die ganze Bandbreite an Automatisierungstechnik in den Blick nehmen und die jeweiligen Vorteile gezielt nutzen“, so Andreas Kaiser, Senior Sales Manager Actuator Business bei der Rollon GmbH. 

Die Anwendung bestimmt die Lösung 

Roboter, Portal oder hybrides System? Welches die passende Technologie ist, hängt vom Anforderungsprofil der Applikation ab. Entscheidend sind dabei vor allem Faktoren wie Bauraum, Taktzeit und Kosten. „Generell lässt sich festhalten: Je höher die Komplexität einer Aufgabenstellung ist, desto eher ist ein Roboter bzw. Cobot geeignet. Ein Roboter kann zwar auch einfache Tätigkeiten übernehmen, z. B. den Materialtransport von A nach B, jedoch ist dafür in der Regel seine Reichweite zu begrenzt und/oder er ist überdimensioniert in seinen technischen Fähigkeiten“, fasst Andreas Kaiser zusammen und ergänzt: „Müssen große Entfernungen überbrückt werden, ist ein hoher Durchsatz gefordert oder sollen große Massen bewegt werden, sind Portale klar im Vorteil.“ 

Lineartechnische Komplettsysteme von Rollon 

Rollon ist Spezialist für lineare Bewegungssysteme und bietet einen der größten mechanischen Linearachsbaukästen am Markt. Auf Basis seines umfangreichen Portfolios realisiert der Lineartechnikspezialist technisch sowie wirtschaftlich optimierte Automationslösungen für jeden Anwendungsfall – von modularen Verfahrachsen für Industrieroboter und Cobots bis hin zu kompakten Portal- und Mehrachskonzepten. In Zusammenarbeit mit Systemintegratoren und Partnern entstehen passgenaue Komplettsysteme, die höchsten Ansprüchen an Effizienz, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit gerecht werden. „Robotik und Lineartechnik sind keine konträren Automatisierungsstrategien. Ganz im Gegenteil: Sie ergänzen sich hervorragend“, so Andreas Kaiser. „Roboter kommen vor allem bei Bearbeitungsaufgaben zum Einsatz. Portalsysteme dagegen sind in den Bereichen Zu- und Abführung, Handling, Maschinen- und Prozessverkettung sowie Materialtransport zuhause. Das Konzept der siebten Achse kombiniert die Vorteile beider Technologien.“ 

Roboter: Spezialisten für komplexe Automatisierungsaufgaben 

Ein Portal ist normalerweise aus drei Achsen aufgebaut (x, y, z) bzw. vier mit zusätzlicher Schwenkachse, Ein klassischer Industrieroboter hat sechs Achsen und damit konstruktionsbedingt mehr Freiheitsgrade zur Verfügung. Das ermöglicht es ihm, sich flexibler im dreidimensionalen Raum zu bewegen und technisch herausforderndere Aufgaben zu übernehmen. So kann er beispielsweise komplexere Konturen abfahren, besser kleine Hohlräume erreichen oder anspruchsvollere Abläufe durchführen, z. B. einen Werkzeugwechsel. Damit ist er eine Idealbesetzung für komplexe Bearbeitungsvorgänge wie Vermessen, Entgraten, Klebstoff auftragen, Verschrauben, Schweißen etc. 

Wenn es um sehr lange Verfahrwege, schwere Lasten, große Arbeitsräume oder beengte Platzverhältnisse geht, kommen Industrieroboter jedoch schnell an ihre Grenzen. Auch stellen sie höhere Anforderungen an die Bedienung und haben in der Regel einen höheren Preis als Portalsysteme. Wenn es die Anforderungen zulassen, sind Cobots eine Alternative. Die handlichen Cobots stehen ihren „großen Brüdern“ in puncto Flexibilität in nichts nach, sind aber leichter zu bedienen sowie kostengünstiger in Anschaffung und Betrieb. Zwar ist die Dynamik reduziert, dafür können Cobots auch ohne aufwendige Sicherheitstechnik eingesetzt werden. Gerade kleineren und mittleren Unternehmen eröffnen sich so interessante Möglichkeiten zur Automatisierung ihrer Prozesse. 

Portale: bei hohem Durchsatz, langen Hüben oder großen Massen 

Bestehen höhere Anforderungen hinsichtlich Dynamik, Reichweite, Tragfähigkeit oder Bauraum, sind Portale die optimale Lösung. Die Basis bilden Linearachsen, die sich durch hohe Tragzahlen, Verfahrgeschwindigkeiten sowie Wiederholgenauigkeiten auszeichnen und hohe Taktzahlen bei geringem Eigengewicht erreichen. Mehrachssysteme ermöglichen einen nahezu grenzenlosen Aktionsradius und bewegen schwere Lasten mit hoher Dynamik. Zudem kommen sie mit minimalem Bauraum aus und lassen sich schnell und einfach in bestehende Produktionslayouts integrieren. Auch sehr lange Verfahrwege, große Spannweiten mit geringer Durchbiegung, Dauereinsatz sowie Umgebungen mit abrasiven Stäuben stellen kein Problem dar. Weiteres Plus: Da sich der Effektor über der Applikation befindet, ist eine Beladung der Maschine von oben möglich. 

„Portale sind extrem vielseitig, hocheffizient, kompakt gebaut und haben sich weltweit in unzähligen Anwendungen erfolgreich bewährt – von hochpräzisen Schweißsystemen über Verpackungsanlagen bis hin zu Produktionslinien mit hohen Zyklenzahlen und Geschwindigkeiten. Insbesondere in Anwendungen mit hohem Durchsatz, langen Hüben oder großen Massen ist eine Kombination von Linearbewegungen mit Blick auf Performance und Kosteneffizienz in den meisten Fällen die erste Wahl“, so Andreas Kaiser. 

Kartesische Systeme innerhalb kürzester Zeit 

Ob Standardprodukt oder kundenspezifische Lösung: Dank der fundierten technischen Expertise sowie der effizienten Produktion kann Rollon kartesische Systeme innerhalb kürzester Zeit realisieren. Je nach Applikation werden  die Linearachsen entweder durch einen Zahnriemen (hohe Dynamik), eine Zahnstange (lange Hübe) oder einen Kugelgewindetrieb (hohe Präzision) angetrieben. Für besonders beengte Einbausituationen hat Rollon das teleskopische Linearachssystem TLS entwickelt. Die 2- und 3-stufigen Systeme mit kombiniertem Zahnstangen- und Zahnriemen-Antrieb ermöglichen auch bei begrenzter Deckenhöhe (vertikaler Einbau) oder begrenztem seitlichem Bauraum (horizontaler Einbau) lange Hübe bis 3.000 mm. 

Hybride Systeme aus Robotik und Lineartechnik 

Das Konzept der siebten Achse bringt das beste aus beiden Technologien – Robotik und Lineartechnik – zusammen. Der Roboter bzw. Cobot ist flexibel einsetzbar, die Linearachse realisiert höhere Geschwindigkeiten und verfügt über eine größere Reichweite. Kombiniert man beides, hat man die Anwendungsvielfalt des Roboters verfügbar, kann diesen jedoch auf wirtschaftliche Art und Weise mehr Arbeitsstationen zuweisen. Insbesondere Applikationen mit langen Zykluszeiten profitieren vom zusätzlichen Freiheitsgrad. Grundsätzlich gilt: Je größer die benötigte Reichweite für den Prozess ist, desto mehr spart der Anwender durch die Kombination aus Roboter und Linearachse im Vergleich zu zwei oder mehreren Einzelrobotern. 

Mit der Robot Transfer Unit (RTU) von Rollon stehen Industrierobotern unterschiedliche Antriebs- und Führungssysteme, eine Vielzahl an Varianten sowie ein umfassendes Portfolio an stranggepressten Aluminium- und Stahlprofilen zur Verfügung, die nahezu alle Anforderungen und Umgebungsbedingungen abdecken – von sehr dynamisch und flexibel über besonders sauber und hygienisch bis hin zu extrem robust. Dank der modularen Struktur können die Verfahrachsen in Längen von bis zu 5 000 mm ausgeführt werden, durch Verbindungselemente lassen sich auch vielfache Längen davon erzielen. Speziell für die Leichtbauroboter von Universal Robots hat das Unternehmen die Cobot Transfer Unit (CTU) entwickelt – eine einfache Plug-and-play-Lösung für die schnelle UR-Integration. 

Linearachsportale sind im Kommen 

Noch immer gelten Roboter als Nonplusultra in der Automatisierung, Portale gewinnen jedoch immer mehr an Popularität. Vor allem Branchen wie die Automobilindustrie und die Logistik bzw. Intralogistik setzen verstärkt auf Mehrachssysteme. „Durch den Wandel vom Verbrennungsmotor hin zur E-Mobilität steigt die Nachfrage nach Portalen, denn die Produktion von Elektroautos erfordert weniger komplexe Bearbeitungen, dafür aber mehr Handling und Transport. Für das Batteriehandling bieten wir die passenden Lösungen – und zwar sowohl für einzelne Zellen als auch für Module und komplette Batteriepacks mit bis zu 1 800 kg Handlingsgewicht“, so Andreas Kaiser. Die Anwendungsfelder in der Logistik liegen unter anderem in den Bereichen Kommissionieren, Palettenhandling, Depalettieren und Lagern. 

 Autor: Lars Brandstäter, Marketingleitung Rollon GmbH, Düsseldorf 

Bilder: Rollon GmbH 

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