Gassensorik
Effiziente N2O-Überwachung in Kläranlagen
Kläranlagen können relevante Mengen an Treibhausgasen emittieren. Emissionen von Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O) sind häufig die wichtigsten Treibhausgasquellen. CH4 wird hauptsächlich durch Leckagen emittiert, während N2O bei der biologischen Behandlung entsteht.
N2O-Emissionen weisen in der Regel große tages- und jahreszeitliche Schwankungen auf. Daher sind kontinuierliche Online-Überwachungskonzepte erforderlich, um die Emissionen zu erfassen und Minderungsstrategien einzuführen. Der Einsatz von NDIR-Gassensoren vom Typ INFRA.sens der Wi.Tec-Sensorik GmbH wurden für diesen Einsatz erfolgreich getestet und konnten sämtliche Anforderungen erfüllen.
Das Überwachungssystem
Das Überwachungssystem besteht aus schwimmenden Gashauben zur Entnahme von Abgasproben, die mit einer Durchflussmessung ausgestattet sind (Bild 01), und einer zentralen Überwachungseinheit zur Konzentrationsmessung der einzelnen Treibhausgase (Bild 02). Die gesamte Emission wird anhand der Gasanalyse und den Volumenströmen berechnet und wird zur Bilanzierung herangezogen.
Zur Konzentrationsmessung wird ein NDIR-Gasanalysator für mehrere Probenahmestellen verwendet. Eine schnelle Ansprechzeit, Mehrkomponentenanalyse und eine geringe Drift sind wichtige Merkmale des eingesetzten Sensors. Die N2O-Konzentrationen liegen normalerweise zwischen 0 und 300 ppm. Während der Hochemissionsphasen können jedoch Konzentrationen von bis zu 3 000 ppm festgestellt werden. Ein vollautomatisiertes Multiplexsystem mit 3-Wege-Ventilen, die mit bis zu 14 Abgashauben verbunden sind, ermöglicht eine hohe räumliche Auflösung sowie eine automatische Kalibrierung des Systems. Die zentrale Überwachungsstation ist mit einer Gasaufbereitung als Vorbehandlung zum Schutz des der Gassensoren ausgestattet. Die kontinuierliche Spülung der Probenleitungen ermöglicht kurze Messintervalle (< 1 min).
Gassensorik
Die Gasanalyse erfolgt mittels NDIR-Technologie (INFRA.sens) im Spektralbereich von 3 - 5 µm. Der INFRA.sens nutzt die Absorptionsbanden für Methan bei 3,4 µm, für Kohlendioxid bei 4,3 µm und für Distickstoffoxid bei 4,5 µm. Die Strahlungsquelle ist ein Schwarzkörperstrahler (IR-Quelle), der im Frequenzbereich von 1 - 10 Hz elektrisch moduliert werden kann. Um die höchstmögliche Auflösung zu erreichen, wird eine 250 mm lange Probenzelle verwendet, die mit einer speziellen Goldschicht beschichtet ist. Die Goldschicht hat ein hohes Reflexionsvermögen und führt zu einem hohen Signalpegel auf der Detektorseite. Der IR-Detektor befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite und besteht aus 4 Elementen. Interferenzfilter dienen dazu, die gasspezifischen Spektralanteile für die jeweiligen Detektoren herauszufiltern. Die Interferenzfilter haben eine sehr schmale Bandbreite und einen effizienten Sperrgrad. Dies führt zu einer sehr hohen Selektivität und vernachlässigbaren Querempfindlichkeiten zu anderen Gaskomponenten. Eine Referenzmessung in einem Spektralbereich ohne Absorption gewährleistet langzeitstabile Messergebnisse.
Die gesamte Signalverarbeitung erfolgt in einer elektronischen Auswerteeinheit (Basisplatine), die sich unterhalb der optischen Bank befindet. Die Datenübertragung erfolgt über eine RS232-Schnittstelle. CAN-Interface und MODBUS (Option) sind ebenfalls verfügbar.
Die Probenzelle ist auf 50 °C thermostatisiert, um Kondensation im Inneren der Probenzelle zu verhindern. Da auch der Emitter und der Detektor durch diese Thermostatisierung beheizt werden, ist auch der Temperaturfehler dieser Komponenten eliminiert. Der gesamte Aufbau ist in ein Blechgehäuse integriert, das von innen isoliert ist, um äußere Temperatureinflüsse abzuschirmen. Der Gasanalysator ist für eine Umgebungstemperatur von 5 - 45 °C spezifiziert. Die Aufwärmzeit beträgt weniger als 45 Minuten.
Sauerstoffmessung
Zusätzlich gibt es in diesem Aufbau einen elektrochemischen (EC) Sauerstoffsensor (galvanische Brennstoffzelle) zur Messung der Sauerstoffkonzentration im Gasgemisch als. Der O2.sens hat einen Messbereich von 0 - 100 Vol.% O2 und ist sehr selektiv für Sauerstoff, selbst in Anwesenheit anderer Gase in hohen Konzentrationen. Im Vergleich zu physikalischen Gassensoren ist die Lebensdauer von elektrochemischen Gassensoren, aufgrund der chemischen Reaktionen im Sensor, begrenzt. Die Lebensdauer wird in Vol.%-h gemessen. Die typische Sensorlebensdauer beträgt > 500 000 Vol.%-h. In Gegenwart von 10 - 20 Vol.% Sauerstoff beträgt die berechnete Lebensdauer ca. 3 - 6 Jahre. Der O2.sens kann über eine I2C-Schnittstelle mit der INFRA.sens-Elektronik (Baseboard) kommunizieren. Im Vergleich zu einer Standard-Millivolt-Datenübertragung ist die I2C-Schnittstelle sehr robust und weniger empfindlich gegenüber elektromagnetischen Störungen (EMI).
Messungen in einer Kläranlage
Die starken saisonalen und tageszeitlichen Schwankungen der N2O-Emissionen sind in einer einjährigen Messphase in einer Kläranlage ermittelt worden und in Bild 06 zu dargestellt. Die kurzfristige Dynamik wird stark von Regenereignissen beeinflusst, die sich durch Temperaturabfälle bemerkbar machen. Typischerweise verringern Regenereignisse die N2O-Emissionen aufgrund der Verdünnung des Abwassers erheblich. Die Emissionen erreichen ihr Maximum während des starken Temperaturanstiegs des Abwassers zwischen Frühjahr und Sommer. Die maximale Konzentration in dieser Anlage lag bei 350 ppm N2O. Die Phase des Emissionsmaximums kann mit einer Veränderung in der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft in Verbindung gebracht werden, die sich stark auf die Akkumulation von Stickstoffverbindungen auswirkt, die zur N2O-Bildung führen. Die Minderungsstrategien in dieser Anlage umfassen hauptsächlich die Verringerung des Luftstroms in der biologischen Behandlung und die Optimierung der Denitrifikation. Dank der messtechnischen Überwachung und Regelung konnten erhebliche Energieeinsparungen erzielt werden, indem die Sauerstoffübertragung überwacht und das Belüftungssystem und die Strategie entsprechend angepasst wurden.
Präzise N2O-Überwachung
N2O ist eine wichtige Quelle von Treibhausgasen aus der Abwasserbehandlung. Aufgrund der erheblichen räumlichen und zeitlichen Schwankungen der Emissionen sind langfristige Online-Überwachungsansätze mit einer hohen räumlichen Auflösung für die Emissionsquantifizierung und Minderungsstrategien erforderlich. Das System basiert auf einem genauen Mehrkanal-NDIR-Gasanalysator (INFRA.sens), der in ein vollautomatisches Überwachungssystem integriert wurde. Die Stabilität und Genauigkeit der eingesetzten NDIR-Technologie wurde in verschiedenen Messreihen eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ein kontinuierlicher Einsatz über einen Wartungszeitraum von mehreren Monaten/Jahre ist somit problemlos möglich. Es wird erwartet, dass Kläranlagen in Zukunft die N2O-Emissionen überwachen, um die CO2-Bilanz zu reduzieren (NetZero) und das volle Potenzial von Abgasüberwachungssystemen zur Energieeinsparung zu fördern.
Autor: Prof. Dr. Gerhard Wiegleb Geschäftsführer, Wi.Tec-Sensorik GmbH
Bilder: Wi.Tec-Sensorik GmbH
Literaturhinweis: Wiegleb, G.: Gas Measurement Technology in Theory and Practice, Springer Verlag Wiesbaden 2023 / Gruber, W.: Long-term N2O emission monitoring in biological wastewater treatment: methods, applications and relevance, Dissertation in Institute for Environmental Engineering. 2021, ETH Zürich: Zürich. p. 292. / Gruber, W., Wiegleb, G., Piasny M.: Measurement of greenhouse gases (CH4, N2O, CO2) in municipal wastewater treatment plants. International Environmental Technology, IET June 2024 p.4-6 / Produktinformationen Wi.Tec-Sensorik GmbH (2022)