IO-Link
Einfach und kostengünstig zum Ziel
Die einfachsten Lösungen sind meist die besten. Dies beweist IO-Link mittlerweile in unzähligen Anwendungen. Die IO-Link-Community hat nun mit der internationalen Standardisierung von IO-Link Wireless einen weiteren wichtigen Baustein auf den Weg gebracht.
Mit der generellen Öffnung der OT-Netzwerke (Operational Technology) im Rahmen von IIoT (Industrial Internet of Things) und I4.0 (Industry 4.0) nehmen zurzeit auch viele Vorbehalte in Bezug auf eine kabellose Datenübertragung in der Fabrikhalle ab. In der Regel werden hierbei, zum Beispiel mit 5G, IP-Daten auf höheren Netzwerkebenen adressiert.
Bei der ganzen HighTech-Euphorie ist vielen jedoch nicht bewusst, wie es mit der IT-Integration noch vor wenigen Jahren bestellt war. Auf der Feldebene in den Fabrikhallen dominierten binäre Signale und analoge Schnittstellen wie 0…10V oder 4…20mA. In der IT selbstverständliche Dinge wie Online-Parametrierung, Diagnose oder Softwareupdates standen in der unteren Feldebene damit
nicht zur Verfügung. Erst mit dem Siegeszug von IO-Link seit Anfang der 2010er Jahre wurde die digitale Lücke geschlossen. Von nun an standen digitale Prozess- und Diagnosedaten direkt aus dem Feld erstmals zur Verfügung.
IO-Link Wireless Technologie
Auch mit IO-Link besteht jedoch der Zwang, die Feldgeräte (Device) per Kabel mit einem E/A-Knoten (Master) zu verbinden. Kabelwege müssen eingeplant werden und es muss überhaupt möglich sein, Kabel zu verlegen. Weiterhin gehen Applikationsänderungen in der Regel mit Änderungen an der Verkabelung einher, was Umbauten und temporäre Lösungen aufwendig macht.
Für die IO-Link Community war dies Grund genug, an einer Funklösung für IO-Link zu arbeiten. Wichtig dabei: Anders als Consumer getriebene Technologien, bei denen ein Mehr an Daten gleichzeitig mehr Umsatz verspricht, müssen industrielle Lösungen immer auch effizient sein. Bei der Entwicklung standen daher andere Parameter im Vordergrund: IO-Link Wireless funktioniert sicher auch in Fabrikhallen mit stark reflektierenden Maschinen und Bauteilen und kann mit anderen Funktechnologien im frei nutzbaren 2.4 GHz-ISM-Band koexistieren. Basierend auf einem speziellen Frequenzsprungverfahren ermöglicht IO-Link Wireless den Anschluss von bis zu 40 Devices an einen Master über extrem zuverlässige virtuelle Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Bei einer garantierten Zykluszeit von 5ms wird eine Paketfehlerrate kleiner 10-9 realisiert. Innerhalb einer Fläche von 20x20m können insgesamt bis zu 120 Geräte verbunden werden.
Durch Einsatz von Großserien-BLE-Chips (Bluetooth Low Energy) und ebenfalls von der Stange verfügbarer Peripherie können die Radios äußerst preiswert produziert werden. Auch Low-Power-Anwendungen mit reduzierter Zykluszeit sind im Standard vorgesehen. Durch die von IO-Link entlehnte Architektur und das identische Tooling überzeugt IO-Link Wireless nicht zuletzt mit einer nahtlosen Integration in bestehende Steuerungssysteme, kann aber auch IIoT-Applikationen sinnvoll ergänzen.
IO-Link Wireless Standard
IO-Link Wireless wurde von einer Arbeitsgruppe der IO-Link Community, einer Unterorganisation von PROFINET International (PI), spezifiziert. Die technische Arbeit hierzu startete bereits 2014. Mit der „IO-Link Wireless System Extension V 1.1“ wurde ein erstes Standardpapier im März 2018 veröffentlicht. Mit der Publikation der IO-Link Wireless Spezifikation V1.1.3 im Juni 2023 zusammen mit einer entsprechenden Testspezifikation fand diese Normierungsarbeit ihren vorläufigen Abschluss. Aufgrund der weitgehenden Stabilität des Standards und der Verfügbarkeit entsprechender Stacks und Radio-Technologien war es für Gerätehersteller schon im Vorfeld möglich, mit konkreten Produktenwicklungen auf Basis von IO-Link Wireless zu starten. Erste industrielle Serienprodukte sind verfügbar.
Die Überführung in einen internationalen IEC Standard mit Unterstützung der deutschen Normungsorganisation DKE war der abschließende Meilenstein dieser Aktivitäten. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als „IOLW-4-IEC“ im Rahmen der Förderrichtlinie WIPANO („Wissens- und Technologietransfer durch Patente und Normen“) gefördert. Im November 2023 war es dann soweit. Die IEC veröffentlichte den Standard IEC 61139-3:2023 „Industrial networks – Single-drop digital communication interface – Part 3: Wireless Extensions“.
Mit dem erfolgreichen Abschluss der internationalen Normung von IO-Link Wireless steht einem weltweiten Serieneinsatz nun nichts mehr im Wege.
Spannende Anwendungen ganz ohne Kabel
Im direkten Maschinenumfeld mit komplizierten Kabelführungen oder eingeschränkten Leitungskapazitäten können Feldgeräte mit IO-Link Wireless nun wesentlich einfacher und flexibler angebunden werden.
Typische Anwendungen, die von einer kabellosen Anbindung in der Praxis besonders profitieren, sind beispielsweise Drehtische mit angedockten Arbeitsstationen. Ferner sind auch lineare Transportsysteme oder Transportschlitten für IO-Link Wireless prädestiniert.
Eine weiteres wachsendes Anwendungsfeld ergibt sich im Roboterumfeld. Bei Einsatz auf dem Roboterarm kann die Kabellast signifikant reduziert werden. Ferner können Wechselwerkzeuge ohne Kabel und fehleranfällige Kontakte oder Steckverbinder integriert werden. Die Stromversorgung wird hierbei über einen Akkupack sichergestellt, der bei Nichtbenutzung des Werkzeugs in seiner Ruheposition nachgeladen wird.
Auch können bewegliche Bearbeitungsplattformen für einen entsprechenden Arbeitsschritt kontaktlos in ein Roboterumfeld oder eine Bearbeitungsinsel temporär eingebunden werden. Im Unterschied zu einer Funkanbindung über lokale Daten- oder Mobilfunknetze ist die Integration in die Prozesssteuerung direkt und in gewohnter Weise möglich und erfordert keine extrem teuren IT-Komponenten und komplizierten Netzwerkkonfigurationen.
Da neue beziehungsweise zusätzliche Sensoren ohne umfangreiche Neuverkabelung sehr einfach in bestehende Maschinen eingebaut werden können, profitieren nicht zuletzt IoT-Retrofit-Lösungen von IO-Link Wireless. Neben der direkten drahtlosen Verwendung von IO-Link, kann die Technologie darüber hinaus natürlich mit jeglicher Art von IP-Netzen kombiniert werden. Neben Feldbussen gehören dazu auch diverse IT-Infrastrukturen. Diese wiederum können kabelgebunden oder ebenfalls drahtlos sein. Für die Funkübertragung wird dort in heutigen lokalen IT-Netzen in der Regel WiFi (WLAN) benutzt. Für standortübergreifende Provider-Dienste oder auch intern kommt jedoch mehr und mehr auch 5G ins Gespräch.
Bilder: Balluff GmbH
Autor: Ralf Kaptur ist Produktmanager bei der Balluff GmbH