Mikrofertigung

Miniaturisierung für Magnetfeld- und Umweltsensoren

Das PowderMEMS-Mikrofertigungsverfahren des Fraunhofer ISIT ermöglicht die präzise Integration von Mikromagneten und porösen Membranen auf Wafer-Level. Damit können Magnetfeld- und Umweltsensoren kleiner, funktionaler und günstiger werden. 

Forschung, Entwicklung und Fertigung an einem Standort – Seit 30 Jahren entwickelt das Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie in Itzehoe die Mikrobauteile von morgen. Eine voll ausgestattete 200 mm Fertigungslinie auf 1000 m² Reinraumfläche ermöglicht die industrienahe Entwicklung und Herstellung mikroelektromechanischer Systeme (MEMS) auf Silizium- und Glaswafern. Ergänzt wird dies durch umfangreiche Möglichkeiten der Analyse, Zuverlässigkeitsprüfung sowie Aufbau- und Verbindungstechnik.  

Neue Fertigungstechnologien als Innovationsmotor 

Neben den Standardprozessen der Halbleiterindustrie entwickelt und unterhält das Fraunhofer ISIT cutting-edge Fertigungstechnologien, die neue Freiheitsgrade für innovative Mikrosysteme eröffnen. Dazu gehören umfangreiche Methoden zur Glasstrukturierung auf Wafer-Level, piezoelektrisches Aluminium-Scandium-Nitrid (AlScN) und dickes, epitaktisches Polysilizium. Das am Fraunhofer ISIT entwickelte PowderMEMS-Verfahren ermöglicht die präzise Herstellung funktionaler, dreidimensionaler Mikrostrukturen auf Wafer-Level. Dank der niedrigen Prozesstemperaturen kann das Verfahren auch bei bereits prozessierten Wafern, die Bauteile tragen, angewendet werden.  

Integrierte Mikromagnete für Magnetfeldsensoren 

Magnete werden in unterschiedlichen Funktionen in Kombination mit Magnetfeldsensoren verwendet. In einer Back-Bias Konfiguration erzeugt der Magnet ein Feld, das durch ein weichmagnetisches Messobjekt verzerrt wird. Somit lassen sich beispielsweise Drehraten von Zahnrädern detektieren. Ein weiteres Beispiel ist die Stabilisierung der Magnetisierung in AMR-Sensoren. In beiden Fällen kommen aktuell diskret montierte Permanentmagnete zum Einsatz. Mit PowderMEMS können die Magnete präzise im Substrat des Sensors auf Wafer-Level gefertigt werden. Somit entfällt die diskrete Montage und das Bauteil wird deutlich kleiner.  

Gemeinsam mit der Firma Sensitec GmbH hat das Fraunhofer ISIT solch einen monolithisch aufgebauten AMR-Sensor demonstriert. Dabei wurden NdFeB-Mikromagnete integriert in Produktionswafer mit ADK769 AMR Sensoren der Firma Sensitec. Die Funktionalität der modifizierten Bauteile wurde in einem kommerziellen Stromsensor von Sensitec getestet und erfüllt die Spezifikationen der kommerziellen Variante. 

Ebenfalls wurde ein miniaturisierter Back-Bias Sensor mit einer Kombination aus monolithisch integriertem PowderMEMS-Mikromagnet und Hall-Sensor gemeinsam mit dem Fraunhofer IIS realisiert. Durch den Wegfall des diskreten Magneten ist der Sensor bedeutend kleiner und der Magnet ohne diskrete Mikromontage präzise zum Sensor platziert. Die Messung der Rotation eines Zahnrads demonstriert die Funktionalität des Bauteils. 

Das Potenzial der PowderMEMS-Technologie reicht jedoch weit darüber hinaus. Sie kann auch in anderen Sensoren genutzt werden, etwa in Systemen mit Stickstoff-Leerstellen (NV) oder basierend auf dem GMR-Effekt. 

Poröse Membranen für Umweltsensoren 

Die vielfältigen Freiheitsgrade des PowderMEMS-Verfahrens ermöglichen auch die Herstellung poröser Mikrostrukturen auf Wafer-Level. Auf diese Weise erzeugte gasdurchlässige Membranen dienen der Verkappung von MEMS-Umweltsensoren, wie Druck- oder Gassensoren. Die Membranen können zusätzlich funktionalisiert werden. Um Feuchtigkeit vom Sensor fernzuhalten, können die Kappen durch PFAS-freie Beschichtungen hydrophobiert werden. Derart hergestellte Labormuster erfüllen den IPX7-Standard. Des Weiteren können Querempfindlichkeiten für MEMS-Gassensoren herausfordernd sein. In diesem Fall ist eine Unterdrückung störender Gasspezies wünschenswert. Dafür wurden mittels PowderMEMS katalytische Eigenschaften in poröse Kappen integriert. Die Demonstratoren filtern effektiv Ozon, bevor es zum Sensor gelangt. In Summe ermöglicht das PowderMEMS Verfahren eine funktionalisierte Verkappung mit minimalem Footprint von MEMS-Sensoren auf Wafer-Level. 

Nutzen für Hersteller und Anwender 

In Kooperation mit Herstellern und Anwendern von Sensoren entwickelt das Fraunhofer ISIT neue Bauteile, die PowderMEMS-Komponenten enthalten. In der Entwicklungsphase reicht das Angebot vom grundlegenden Bauteil-Design bis zum fertigen Prototyp. Wie im Falle der Magnetfeldsensoren beschrieben, können für die experimentelle Umsetzung auch bereits kundenseitig vorhandene Bauteile und Substrate genutzt werden. Die Infrastruktur des Fraunhofer ISIT ermöglicht die Fertigung von Pilotserien zum Start der Kommerzialisierung. Werden größere Stückzahlen benötigt, ist ein Technologietransfer in die Fertigungsumgebung des Kunden unter Lizensierung des PowderMEMS-Verfahrens möglich. 

Das PowderMEMS-Verfahren 

Das PowderMEMS-Verfahren nutzt trockene Pulver zur präzisen Erzeugung von dreidimensionalen Mikrostrukturen. In den unteren Abbildungen ist ein Beispiel für NdFeB-Mikromagnete gezeigt, die obere Reihe zeigt entsprechende Illustrationen. Links: Zunächst werden Kavitäten im Substrat geformt, zum Beispiel durch nasse oder trockene Ätzprozesse. In die Kavitäten wird mikrofeines Pulver ohne organische Bindemittel eingebracht. Hierfür hat das Fraunhofer IFAM eigens einen automatisierten Verfüllprozess entwickelt. Dank der Trockenverfüllung ohne organische Binder gibt es keine Probleme durch Viskosität oder eingeschlossene Luft. Mitte: Das lose Pulver wird mittels Atomlagenabscheidung (ALD) verfestigt. Im Gegensatz zu anderen Methoden wie Sintern kann dieser Prozess bei Temperaturen unter 100 °C erfolgen. Dadurch können auch Substrate bearbeitet werden, die bereits Bauteile enthalten. Rechts: Wenn nötig kann die Oberfläche wieder gereinigt werden, wodurch sogar eine Weiterbearbeitung im Reinraum möglich ist. 

Autorin: Claudia Buschmann ist Marketing und Public Relations Manager beim Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie ISIT in Itzehoe 

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Fachartikel Sensorik